Wir alle wollen einen Traumjob, der Spaß macht und sinnvoll ist – aber was bedeutet das eigentlich?

Manche verstehen darunter eine Leidenschaft, die sie auf einen Schlag entdecken, während andere meinen, dass ihr Traumjob vor allem einfach und gut bezahlt sein muss.

Wir haben mehr als 60 Studien zu den Voraussetzungen für ein erfülltes Leben und eine erfüllte Karriere aus drei Jahrzehnten Forschung untersucht und wenig Belege für diese Ansichten gefunden.

Stattdessen konnten wir sechs Schlüsselfaktoren für einen Traumjob ausmachen. Das Einkommen gehört nicht dazu, und es ist auch nicht so simpel wie „folge deiner Leidenschaft“.

Wenn man seiner Leidenschaft folgt, kann man durchaus auf Abwege geraten. Steve Jobs hatte eine Leidenschaft für den Zen-Buddhismus, bevor er sich der Technik zuwandte. Max Planck überlegte, seiner Liebe zu Musik zu folgen und Musikwissenschaft zu studieren, bevor er sich dann doch für die Physik entschied.

Vielmehr kannst du eine Leidenschaft entwickeln, indem du etwas tust, das sinnvoll ist und dir Spaß macht. Entscheidend ist, etwas gut zu machen und dabei anderen Menschen zu helfen.

Die Lesezeit des Artikels beträgt ca. 20 Minuten. Wenn du nur die Ergebnisse der Studien sehen willst, schau dir die Forschungsübersicht an.

Kurz und bündig

Um einen Traumjob zu finden, solltest du nach Folgendem Ausschau halten:

  1. Arbeit, in der du gut bist
  2. Arbeit, die anderen hilft
  3. Günstige Umstände
    • spannende Arbeit, die dich in einen Flow-Zustand versetzt
    • ein Team, das dir hilft
    • Arbeit, die zu deinem Privatleben passt
    • keine negativen Aspekte wie unfaire Bezahlung

Was wir falsch machen

Wie kommen Leute auf ihren Traumjob? Meist versuchen sie, sich verschiedene Jobs vorzustellen und überlegen sich, wie befriedigend diese wären. Oder sie erinnern sich daran, wann sie sich in der Vergangenheit verwirklichen konnten und reflektieren darüber, was für sie wichtig ist.

xkcd

Wenn das hier ein normaler Karriereratgeber wäre, würden wir damit beginnen, dass du eine Liste mit den Dingen erstellst, die dir an einem Job am wichtigsten sind, z. B. „im Freien sein“ oder „mit ambitionierten Menschen zusammenarbeiten“. Genau das empfiehlt auch der meistverkaufte Karriereratgeber aller Zeiten, Durchstarten zum Traumjob. Die Idee dahinter ist, dass Menschen im Grunde wissen, was sie wirklich wollen.

Die Forschung zeigt jedoch, dass Selbstreflexion zwar nützlich ist, aber nur bis zu einem gewissen Grad.

Dir fallen bestimmt Beispiele aus deinem Leben ein, in denen du dich ganz besonders auf einen Urlaub oder eine Party gefreut hast, aber dann war es doch nur okay. In den letzten Jahrzehnten hat die Forschung gezeigt, dass so etwas häufig der Fall ist: Wir können nicht immer gut einschätzen, was uns glücklich machen wird – und wir merken nicht, wie schlecht unsere Einschätzungen sind. Einen Überblick über einige dieser Forschungsergebnisse findest du in den Fußnoten.1

Wie sich herausstellt, gibt es selbst rückwirkend Probleme: wir können uns schlecht daran erinnern, wie befriedigend verschiedene Erlebnisse waren. Ein gut belegter Fehler ist, dass wir Erlebnisse oft hauptsächlich nach ihrem Ende beurteilen2 – wenn du zum Beispiel am letzten Tag eines angenehmen Urlaubs deinen Flug verpasst hast, wirst du wahrscheinlich den ganzen Urlaub als schlecht in Erinnerung behalten.

Die Tatsache, dass wir das Vergnügen aus einer Erfahrung oft nach dem Ende beurteilen, führt dazu, dass wir einige merkwürdige Entscheidungen treffen.

– Prof. Dan Gilbert, Ins Glück Stolpern

Das heißt: Wir können uns nicht nur auf unsere Intuition verlassen, sondern müssen gezielt herausfinden, welcher Beruf der beste für uns ist.

Die gleiche Forschung, die zeigt, wie schlecht wir in Sachen Selbstreflexion sind, kann uns auch helfen, fundiertere Entscheidungen zu treffen. Inzwischen gibt es drei Jahrzehnte an Forschung zur positiven Psychologie – der Wissenschaft vom Glück – sowie Jahrzehnte an Forschung zu Motivation und Jobzufriedenheit. Wir fassen die wichtigsten Erkenntnisse dieser Forschung zusammen und erklären, was sie für die Suche nach einem erfüllenden Job bedeuten.

Zwei überschätzte Ziele für eine erfüllte Karriere

Oft stellt man sich vor, dass ein Traumjob gut bezahlt und einfach ist.

Im Jahr 2015 bewertete CareerCast für eines der führenden Job-Rankings in den USA Jobs nach den folgenden Kriterien:3

  1. Ist er gut bezahlt?
  2. Wird er auch in Zukunft gut bezahlt sein?
  3. Ist er anstrengend?
  4. Ist das Arbeitsumfeld unangenehm?

Was war nach diesen Kriterien der beste Job? Versicherungsmathematiker:in,4 also jemand, der (meist in der Versicherungsbranche) Statistiken verwendet, um Risiken zu messen und zu steuern.

Versicherungsmathematiker:innen sind zwar überdurchschnittlich zufrieden mit ihrem Job, aber sie gehören nicht zu den zufriedensten.5 Nur 36 % sagen, dass ihre Arbeit sinnvoll ist,6 also ist der Beruf nicht besonders erfüllend.

Die CareerCast-Liste erfasst also nicht alles. Tatsächlich legt die Forschung nahe, dass Geld und die Vermeidung von Stress nicht so wichtig sind.

Geld macht glücklich, aber nur ein bisschen

„Glück kann man nicht kaufen“ ist ein Klischee, aber gleichzeitig ist eine bessere Bezahlung meist die oberste Priorität bei der Suche nach einem neuen Job.7 Und wenn man die Menschen fragt, was ihre Lebensqualität am meisten verbessern würde, ist die häufigste Antwort „mehr Geld“.8

Was stimmt denn nun?

Viele Untersuchungen zu dieser Frage sind von bemerkenswert geringer wissenschaftlicher Qualität. Aber einige große Studien aus der Wirtschaftswissenschaft bieten mehr Klarheit.

Wir haben die besten verfügbaren Studien ausgewertet und festgestellt, dass die Wahrheit in der Mitte liegt: Geld macht zwar tatsächlich glücklich, aber nur ein bisschen.

Hier sind zum Beispiel die Ergebnisse einer großen Umfrage in den Vereinigten Staaten aus dem Jahr 2010:

High income improves evaluation of life but not emotional well-being, D. Kahneman und A. Deaton, 2010, Link

Die Befragten wurden gebeten, auf einer Skala von 1 bis 10 zu bewerten, wie zufrieden sie mit ihrem Leben sind. Das Ergebnis ist auf der senkrechten Achse zu sehen, während die waagerechte Achse das Haushaltseinkommen angibt.

Du kannst sehen, dass die Lebenszufriedenheit von einem Einkommen (vor Steuern) von 40.000 auf 80.000 US-Dollar (entspricht jeweils ca. 32.000 und 64.000 Euro) nur von 6,5 auf 7 von 10 gestiegen ist. Das ist eine kleine Steigerung für eine Menge zusätzliches Einkommen.

Das ist kaum überraschend – wir alle kennen Menschen, die trotz eines hochbezahlten Jobs unglücklich sind.

Aber dieses Ergebnis ist vielleicht zu optimistisch. Wenn wir uns das tägliche Glücksgefühl ansehen, scheint das Einkommen noch weniger wichtig zu sein. „Positiver Gefühlszustand“ gibt an, ob sich die Menschen am Vortag glücklich gefühlt haben. Die linke Achse des folgenden Diagramms zeigt den Anteil der Personen, die diese Frage mit „ja“ beantwortet haben. Die Linie stagniert ab 50.000 US-Dollar (ca. 40.000 Euro) – ab da hat das Einkommen laut dieser Umfrage also keinen Einfluss mehr auf das tägliche Glücksgefühl.

High income improves evaluation of life but not emotional well-being, D. Kahneman und A. Deaton, 2010, Link

Ähnlich sieht es aus, wenn wir den Anteil derjenigen betrachten, der angab, am Vortag „stressfrei“ oder „nicht bedrückt“ gewesen zu sein.

High income improves evaluation of life but not emotional well-being, D. Kahneman und A. Deaton, 2010, Link

Diese Linien sind bei 75.000 US-Dollar (ca. 60.000 Euro) bereits völlig abgeflacht – ab diesem Punkt hatte das Einkommen also keinen Einfluss darauf, wie glücklich, traurig oder gestresst sich die Menschen fühlten.

Unserer Meinung nach ist es gut möglich, dass dieses Ergebnis nicht ganz korrekt ist und das alltägliche Glücksgefühl mit mehr Einkommen auch weiterhin zumindest ein wenig zunimmt. Eine neuere Studie hat genau das herausgefunden, auch wenn das alltägliche Glücksgefühl langsamer zunimmt als die Lebenszufriedenheit.9

Alles, was wir bisher besprochen haben, bezieht sich nur auf die Korrelation zwischen Einkommen und Glück. Der Zusammenhang könnte aber auch durch einen dritten Faktor verursacht werden. Wenn du zum Beispiel gesund bist, könntest du sowohl glücklicher sein als auch mehr verdienen. Wenn das der Fall ist, dann ist der Effekt von höherem Einkommen noch schwächer, als es die besprochenen Korrelationen vermuten lassen.

Und zuletzt: Ein Haushaltseinkommen von 75.000 US-Dollar (60.000 Euro) entspricht einem individuellen Einkommen von nur 40.000 Dollar (32.000 Euro), wenn du keine Kinder hast.10

Um diese Werte für dich anzupassen, nimm die folgenden Anpassungen vor (jeweils vor Steuern):

  • Die Zahl von 32.000 Euro stammt aus dem Jahr 2009. Aufgrund der Inflation sind es 2023 eher 40.000 Euro.
  • Rechne jeweils 18.000 Euro für Angehörige hinzu, die nicht arbeiten und die du vollständig unterstützt.
  • Füge 50 % hinzu, wenn du in einer teuren Stadt (z. B. München) wohnst, oder ziehe 30 % ab, wenn du in einer günstigeren Gegend wohnst (z. B. im ländlichen Sachsen). du kannst die Lebenshaltungskosten online berechnen, z. B. hier für die USA.
  • Füge mehr hinzu, wenn Geld dich besonders motiviert (oder ziehe etwas ab, wenn du eher genügsam bist).
  • Füge 15 % hinzu, um für den Ruhestand zu sparen (oder so viel, wie du persönlich sparen musst, um den Lebensstandard zu halten, den du dir wünschst).

Im Jahr 2014 konnten deutsche Hochschulabsolvent:innen damit rechnen, im Laufe ihres Arbeitslebens (~ 40 Berufsjahre) etwa 58.000 Euro pro Jahr zu verdienen.11 Das bedeutet, dass du mit einem Hochschulabschluss in Deutschland oder einem Land mit ähnlicher Entwicklung wahrscheinlich in einem Bereich landest, in dem mehr Einkommen wenig Einfluss auf dein Glück hat.

(Erfahre mehr über diese Erkenntnisse.)

Bildnachweis: Georges Biard. CC BY-SA 3.0

Wenig Stress ist kein gutes Ziel

Viele Menschen sagen uns, dass sie einen Job finden wollen, der nicht zu stressig ist. Und es stimmt, dass Forschende in der Medizin und Psychologie in der Vergangenheit glaubten, dass Stress immer schlecht ist. Wir haben jedoch die aktuelle Literatur zum Thema Stress ausgewertet und festgestellt, dass das Gesamtbild heute ein wenig komplizierter ist.

Überraschenderweise fanden Untersuchungen mit hochrangigen Regierungs- und Militärführungskräften, dass diese einen niedrigeren Stresshormonspiegel und weniger Angstzustände aufwiesen, obwohl sie weniger Stunden schliefen, mehr Führungsverantwortung und höhere berufliche Anforderungen hatten. Eine allgemein anerkannte Erklärung dafür ist, dass ein größeres Gefühl der Kontrolle sie vor den Belastungen ihrer Position schützt – sie legen nämlich ihre Zeitpläne selbstständig fest und bestimmen, wie sie die anstehenden Herausforderungen bewältigen.

Es gibt noch andere Gründe, warum ein fordernder Job je nach Kontext gut oder schlecht sein kann:

VariableGut (oder neutral)Schlecht
Typ von StressIntensität der AnforderungenFordernd, aber erreichbarUnpassend zu Fähigkeiten (entweder zu hoch oder zu niedrig)
DauerKurzfristigAndauernd
KontextKontrolleViel Kontrolle und AutonomieWenig Kontrolle und Autonomie
BefugnisseViele BefugnisseWenig Befugnisse
Soziale UnterstützungGute soziale UnterstützungSoziale Isolation
UmgangEinstellungAnforderungen als Chancen und Stress als nützlich sehenAnforderungen als Bedrohung und Stress als gesundheitsschädlich sehen
AltruismusAltruistisch handelnSich auf sich selbst konzentrieren

Damit sieht es eher wie in der folgenden Grafik aus. Ein sehr anspruchsloser Job ist schlecht – er ist langweilig. Anforderungen, die deine Fähigkeiten übersteigen, sind auch schlecht: Sie verursachen schädlichen Stress. Der optimale Bereich ist dort, wo die Anforderungen an dich deinen Fähigkeiten entsprechen; das ist eine erfüllende Herausforderung.

Versuche also nicht, Stress zu vermeiden; suche dir ein Umfeld, das dich unterstützt, und eine sinnvolle Arbeit – dann kannst du dich der Herausforderung stellen.

(Weitere Informationen findest du in unserer Übersicht der Erkenntnisse über Stress).

Wenn du an einem See arbeitest und dir dabei auf deinem Laptop Bilder von Seen anschaust, brauchst du vielleicht einen anspruchsvolleren Job.

Was sollte dein Traumjob wirklich bieten?

Wir haben die Erkenntnisse der Positiven Psychologie über ein erfülltes Leben mit der Forschung über Arbeitszufriedenheit kombiniert, um die sechs wichtigsten Komponenten eines Traumjobs zu ermitteln. (Wenn du dich eingehender mit den Studien befassen möchtest, schau dir unsere Auswertung an).

Und das sind die sechs Komponenten:

1. Arbeit, die spannend ist

Was wirklich zählt, sind nicht dein Gehalt, dein Status, bei welcher Art von Unternehmen du arbeitest und so weiter, sondern was du Tag für Tag und Stunde für Stunde tust.

Spannende Arbeit ist Arbeit, die dich in ihren Bann zieht, deine Aufmerksamkeit fesselt und dir ein Flow-Gefühl gibt. Das ist der Grund, warum sich eine Stunde an einer Excel-Tabelle wie Schwerstarbeit anfühlen kann, während eine Stunde an einem Computerspiel wie im Flug vergeht: Computerspiele sind darauf ausgelegt, so spannend wie möglich zu sein.

Ein Computerspiel aus unserer Kindheit: Age of Empires II

Was macht den Unterschied? Warum sind Computerspiele spannend und Bürokram nicht? Die Forschung hat vier Faktoren identifiziert:

  1. Die Freiheit zu entscheiden, wie du deine Arbeit erledigst
  2. Klare Aufgaben, mit einem wohldefinierten Anfang und Ende
  3. Abwechslung bei der Art der Aufgaben
  4. Feedback, damit du weißt, wie du dich schlägst

In einer großen Meta-Analyse wurde gezeigt, dass jeder dieser Faktoren mit der Arbeitszufriedenheit korreliert (r=0,4), und sie gelten unter Experten als die empirisch am besten verifizierten Indikatoren für Arbeitszufriedenheit.

Trotzdem ist das Spielen von Computerspielen nicht der Schlüssel zu einem erfüllten Leben (und das nicht nur, weil du dafür kein Geld bekommst). Dafür brauchst du nämlich auch eine…

2. Arbeit, die anderen hilft

Die folgenden Berufe haben die vier Zutaten für spannende Arbeit, die wir vorgestellt haben. Aber mehr als drei Viertel der Menschen, die sie ausüben, geben an, dass sie sie nicht als sinnvoll empfinden:12

  • Finanzanalyst:in
  • Modedesigner:in
  • TV-Nachrichtenleiter:in

Die folgenden Jobs werden dagegen von fast allen, die sie machen, als sinnvoll angesehen:

  • Feuerwehrbeamte:r
  • Krankenpfleger:in / Hebamme
  • Neurochirurg:in

Der entscheidende Unterschied ist, dass die zweite Gruppe von Jobs augenscheinlich anderen Menschen hilft. Deshalb sind sie sinnvoll, und deshalb ist Hilfe für andere unser zweiter Faktor.Es gibt immer mehr Belege dafür, dass Hilfe für andere ein wichtiger Bestandteil der Lebenszufriedenheit ist. Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, sind gesünder und weniger depressiv. Eine Meta-Analyse von 23 randomisierten Studien ergab, dass Menschen, die anderen etwas Gutes tun, glücklicher sind.13 Und eine weltweite Studie ergab, dass die Lebenszufriedenheit von Menschen, die für wohltätige Zwecke spenden, genauso hoch ist wie die von Menschen, die doppelt so viel verdienen wie sie.14

Mitmenschen zu helfen ist nicht der einzige Weg zu einer sinnvollen Karriere, aber Forscher:innen gehen davon aus, dass es einer der besten ist.

(Im nächsten Teil des Ratgebers gehen wir auf Berufe ein, die Menschen wirklich helfen, sowohl indirekt als auch direkt).

3. Arbeit, die du gut kannst

Wenn du bei dem, was du tust, gut bist, hast du Erfolgserlebnisse – und damit einen wichtigen Bestandteil der Lebenszufriedenheit, wie die Positive Psychologie festgestellt hat.

Das gibt dir auch die nötige Macht, um über die anderen Komponenten eines erfüllenden Jobs zu verhandeln – zum Beispiel die Möglichkeit, an sinnvollen Projekten zu arbeiten, interessante Aufgaben zu übernehmen und eine faire Bezahlung zu erhalten. Wenn andere deinen Beitrag schätzen, kannst du im Gegenzug diese Bedingungen einfordern.

Aus beiden Gründen übertrumpft das Können letztendlich das Interesse. Auch wenn du Kunst liebst: Wenn du sie als Beruf ausübst, aber nicht gut darin bist, wirst du am Ende langweiliges Grafikdesign für Unternehmen machen, an denen dir nichts liegt.

Das heißt nicht, dass du nur Dinge tun sollst, in denen du schon gut bist – aber du solltest zumindest das Potenzial haben, darin gut zu werden.

(Ein ganzer Artikel in diesem Ratgeber befasst sich mit der Arbeit an Dingen, in denen du gut bist, und ein weiterer damit, wie du in deine Fähigkeiten investieren kannst).

4. Arbeit mit Menschen, die dir helfen

Wenn du deine Kollegen hasst und dein Chef dir das Leben zur Hölle macht, wirst du natürlich nicht zufrieden sein.

[Video: https://www.youtube.com/watch?v=U1PHpkdvNOs]

Da gute Beziehungen ein wichtiger Bestandteil eines erfüllten Lebens sind, ist es wichtig, dass du dich zumindest mit ein paar Leuten bei der Arbeit anfreundest. Wahrscheinlich setzt das voraus, dass du zumindest mit ein paar Kolleg:innen etwas gemeinsam hast. du musst aber nicht mit allen befreundet sein, nicht mal alle im Team mögen. Die Forschung zeigt, dass der vielleicht wichtigste Faktor ist, ob du von den anderen bei der Arbeit Hilfe bekommen kannst, wenn du auf Probleme stößt. Eine große Meta-Analyse ergab, dass „soziale Unterstützung“ zu den stärksten Vorhersagefaktoren für die Arbeitszufriedenheit gehört (r=0,56).

Menschen, die unangenehm und anders sind als du, können manchmal das nützlichste Feedback für dich geben, wenn sie deine Interessen ernst nehmen. Das liegt daran, dass sie Dinge beim Namen nennen und eine ganz andere Sichtweise haben. Professor Adam Grant nennt diese Menschen „unangenehme Gebende“.

Wenn wir an Traumjobs denken, konzentrieren wir uns meist auf die Rolle. Aber es ist fast genauso wichtig, mit wem du zusammenarbeitest. Schlechte Vorgesetzte können eine Traumstelle ruinieren, während selbst langweilige Arbeit Spaß machen kann, wenn man sie mit Freunden macht. Überleg also bei der Auswahl eines Jobs, ob du dich zumindest mit einigen Leuten am Arbeitsplatz anfreunden kannst. Und was noch wichtiger ist: Ist die Kultur am Arbeitsplatz so, dass es leicht ist, Hilfe und Feedback zu bekommen und gut zusammenzuarbeiten?

5. Arbeit, die keine großen Nachteile hat

Um zufrieden zu sein, ist alles oben genannte wichtig. Darüber hinaus sollte es aber auch keine Dinge geben, die die Arbeit unangenehm machen. Folgendes wird häufig mit Unzufriedenheit am Arbeitsplatz in Verbindung gebracht:

  • Ein langer Arbeitsweg, besonders wenn es mehr als eine Stunde mit dem Bus ist
  • Sehr lange Arbeitszeiten
  • Eine Bezahlung, die du als ungerecht empfindest
  • Ein unsicherer Arbeitsplatz

Obwohl diese Punkte offensichtlich klingen, werden sie oft übersehen. Die negativen Folgen eines langen Arbeitsweges können manchmal viele positive Faktoren überwiegen.

6. Arbeit, die zum Rest deines Lebens passt

du musst nicht alle Zutaten für ein erfülltes Leben in deinem Job finden. Es kann auch ein Job sein, der Essen auf den Tisch bringt, während du dich gleichzeitig in einem Nebenprojekt verwirklichst; oder einen Sinn in Wohltätigkeit oder Ehrenamt findest; oder tolle Beziehungen außerhalb der Arbeit aufbaust.

Wir haben viele Menschen beraten, die das geschafft haben. Es gibt auch berühmte Beispiele – Einstein hatte sein produktivstes Jahr (1905) während seiner Arbeit als Angestellter in einem Patentamt.

Deshalb ist dieser letzte Faktor eine Erinnerung daran, zu überlegen, wie deine Karriere zum Rest deines Lebens passt.

Bevor wir fortfahren, fassen wir noch einmal kurz die sechs Komponenten zusammen. Darauf solltest du bei deinem Traumjob achten:

  1. Spannende Arbeit, die dich in einen Zustand des Flow versetzt (Freiheit, Abwechslung, klare Aufgaben, Feedback)
  2. Arbeit, die anderen hilft
  3. Arbeit, in der du gut bist
  4. Ein Team, das dir hilft
  5. Keine großen Nachteile (z. B. lange Arbeitszeiten, unfaire Bezahlung)
  6. Ein Job, der zu deinem Privatleben passt

(Erfahre mehr über die Belege für diese sechs Komponenten).

Wie lässt sich das alles zusammenfassen?

Solltest du einfach deiner Leidenschaft folgen?

„Folge deiner Leidenschaft“ ist zu einem der gängigsten Karriereratschläge geworden.

Quelle: Google Ngram

Die Idee dahinter ist, dass der Schlüssel zu einer tollen Karriere darin liegt, dein größtes Interesse – „deine Leidenschaft“ – zu finden und eine Laufbahn einzuschlagen, die mit diesem Interesse zu tun hat. Das ist ein verlockender Ansatz: Widme dich einfach deiner Leidenschaft und du wirst eine großartige Karriere haben. Und erfolgreiche Menschen haben oft tatsächlich eine ausgeprägte Leidenschaft für das, was sie tun.

Wir finden es toll, wenn du mit Leidenschaft bei der Arbeit bist. Die Untersuchungen, die wir vorhin vorgestellt haben, zeigen, dass eine intrinsisch motivierende Arbeit die Menschen viel glücklicher macht als ein hohes Gehalt.

Es gibt jedoch drei Arten, wie der Rat „Folge deiner Leidenschaft“ in die Irre führen kann.

Ein Problem ist, dass der Rat zu der Annahme verleitet, Leidenschaft sei alles, was du brauchst. Aber selbst wenn du für die Arbeit brennst, wirst du unzufrieden sein, wenn die sechs oben genannten Komponenten fehlen. Wenn ein Fußballfan einen Job bekommt, der mit Fußball zu tun hat, aber mit unangenehmen Menschen zusammenarbeitet, ungerecht bezahlt wird oder die Arbeit sinnlos ist, wird er oder sie den Job trotzdem nicht mögen.

Wenn du deiner Leidenschaft folgst, kann es sogar schwieriger werden, die sechs Punkte zu erfüllen, denn die Bereiche, für die du dich begeisterst, sind wahrscheinlich am stärksten umkämpft, was es schwieriger macht, einen guten Job zu finden.

Quellen: Universität von Montreal und Daten der kanadischen Volkszählung

Ein zweites Problem ist, dass viele Menschen keine berufsrelevante Leidenschaft verspüren. Wenn man ihnen sagt, sie sollen „ihrer Leidenschaft folgen“, kommen sie sich minderwertig vor. Mach dir keine Sorgen, wenn du keine „Leidenschaft“ hast – du kannst trotzdem eine Arbeit finden, für die du dich begeistern kannst.

Das dritte Problem ist, dass Menschen dadurch unnötig in ihren Entscheidungen eingeschränkt werden. Wenn du dich für Literatur interessierst, glaubst du vielleicht, dass du für eine erfüllende Karriere unbedingt Schriftsteller:in werden musst, und ignorierst andere Optionen. Es ist auch leicht, die Vorstellung zu haben, dass du deine „einzig wahre Leidenschaft“ sofort erkennst – und deswegen andere Möglichkeiten auszuschließen, die vielleicht nicht auf den ersten Blick befriedigend scheinen.

Aber in Wirklichkeit kannst du eine Leidenschaft für neue Themen entwickeln. Wenn deine Arbeit anderen hilft, wenn du übst, um gut darin zu werden, wenn du an spannenden Aufgaben arbeitest und mit Menschen zu tun hast, die du magst, dann wirst du mit Leidenschaft dabei sein. Bei den sechs Komponenten geht es vor allem um den Kontext der Arbeit, nicht um den Inhalt. Vor zwanzig Jahren hätten wir uns niemals träumen lassen, dass wir leidenschaftlich gerne Berufsberatung betreiben – aber nun sitzen wir hier und schreiben mit Begeisterung diesen Artikel.

Viele erfolgreiche Menschen haben eine Leidenschaft, aber diese hat sich oft parallel zu ihrem Erfolg entwickelt und kristallisierte sich erst im Laufe der Zeit heraus. Steve Jobs begeisterte sich anfangs für den Zen-Buddhismus. Er befasste sich mit Technologie, um schnell Geld zu verdienen. Aber mit seinem Erfolg wuchs auch seine Leidenschaft, bis er der berühmteste Verfechter von „Tu, was du liebst“ wurde.

Steve Jobs, großer Verfechter von „Folge deiner Leidenschaft“, hatte in seiner Jugend eine Leidenschaft für Zen-Buddhismus, westliche Geschichte und Tanz.

In Wirklichkeit haben wir nicht nur eine einzige Leidenschaft. Unsere Interessen ändern sich oft – und zwar stärker, als wir erwarten. Wenn du an deine Interessen vor fünf Jahren zurückdenkst, wirst du wahrscheinlich feststellen, dass sie sich stark von den heutigen unterscheiden. Und wie wir oben gesehen haben, können wir schlecht einschätzen, was uns wirklich glücklich macht.

Das alles bedeutet, dass du mehr Optionen für eine erfüllende Karriere hast, als du denkst.

Ganz kurz, bevor wir weitermachen: Wenn du diesen Ratgeber nützlich findest, würden wir uns freuen, wenn du den Artikel auf Twitter teilst und uns so hilfst, mehr Menschen zu erreichen.

Tu, was hilft

Statt „Folge deiner Leidenschaft“ lautet unser Slogan für eine erfüllende Karriere: Werde gut in etwas, das anderen hilft. Oder einfach: Tu, was hilft.

Wir betonen das „gut werden“, denn wenn du etwas findest, worin du gut bist und das andere wertschätzen, bekommst du viele Karrieremöglichkeiten und damit die besten Chancen, einen Traumjob mit all den anderen Zutaten zu finden: spannende Arbeit, ein Team, das dir hilft, und eine gute Vereinbarkeit mit deinem restlichen Leben ohne große Nachteile.

Allerdings kannst du auch alle anderen fünf Zutaten haben und deine Arbeit trotzdem als sinnlos empfinden. du musst also einen Weg finden, um anderen zu helfen.

Wenn du versuchst, einen wertvollen Beitrag für die Welt zu leisten, wirst du Leidenschaft für deine Arbeit entwickeln – du wirst zufriedener, zielstrebiger und motivierter sein.

Diese Erfahrung haben wir in unserer Berufsberatung gemacht. Jess zum Beispiel interessierte sich als Studentin für Philosophie und dachte über eine Promotion nach. Das Problem war, dass sie Philosophie zwar interessant findet, es aber schwer gewesen wäre, in diesem Bereich etwas zu bewirken. Das hätte sie letztlich nicht zufriedengestellt. Stattdessen entschied sie sich für Psychologie und Politik und wurde zu einem der motiviertesten Menschen, den wir kennen.

„80.000 Hours hat meine Einstellung zu meiner Karriere schlichtweg revolutioniert.“Jess portrait photo
Die Geschichte von Jess lesen

Bis heute haben Tausende von Menschen ihren Berufsweg aufgrund unserer Karriereratschläge entscheidend verändert. Viele sind in einen Bereich gewechselt, der sie ursprünglich nicht interessiert hat, von dem sie aber überzeugt waren, dass er wichtig für die Welt ist. Und nachdem sie ihre Fähigkeiten weiterentwickelt, die richtige Stelle und gute Teammitglieder gefunden haben, sind sie jetzt sehr glücklich, diesen Weg eingeschlagen zu haben.

Hier sind zwei weitere Gründe, sich darauf zu konzentrieren, gut in etwas zu werden, das anderen hilft.

Du könntest mehr Erfolg haben

Wenn du dir vornimmst, anderen zu helfen, dann werden andere versuchen, dir zu helfen.

Das klingt einleuchtend, und es gibt inzwischen auch empirische Belege dafür. In seinem hervorragenden Buch Geben und Nehmen argumentiert Professor Adam Grant, dass Menschen mit einer „Gebermentalität“ zu den erfolgreichsten gehören. Das liegt zum einen daran, dass sie mehr Hilfe bekommen, und zum anderen an ihrer höheren Motivation durch das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun.

Eine Einschränkung ist, dass auch Geber erfolglos bleiben, wenn sie sich zu sehr auf andere konzentrieren und ausbrennen. Du brauchst also auch die anderen Zutaten für die Arbeitszufriedenheit, die wir bereits erwähnt haben, und du musst deiner Hilfsbereitschaft Grenzen setzen.

Es ist das Richtige

Die Idee, dass Hilfe für andere der Schlüssel zur Erfüllung ist, ist nicht neu. Es ist ein Leitgedanke der meisten moralischen und spirituellen Traditionen:

Richte dein Herz darauf, Gutes zu tun. Tu es immer und immer wieder, und du wirst mit Freude erfüllt sein.

Richte dein Herz darauf, Gutes zu tun. Tu es immer und immer wieder, und du wirst mit Freude erfüllt sein.

– Buddha

Der wahre Reichtum eines Menschen ist das Gute, das er in dieser Welt tut.

– Muhammed

Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.

– Jesus Christus

Jeder Mensch muss sich entscheiden, ob er im Licht des schöpferischen Altruismus oder in der Dunkelheit des zerstörerischen Egoismus schreitet.

– Martin Luther King, Jr.

Und: Wie wir im nächsten Artikel erklären werden, hast du heutzutage mit einem Hochschulabschluss in einem Industrieland eine enorme Chance, mit deiner Karriere anderen zu helfen. Das ist der eigentliche Grund, warum du dich darauf konzentrieren solltest, anderen zu helfen – die Tatsache, dass du dadurch persönlich erfüllter wirst, ist ein glücklicher Nebeneffekt.

Zusammenfassung

Um deinen Traumjob zu finden, solltest du dir nicht zu viele Gedanken über Geld und Stress machen und nicht endlos über dich selbst nachdenken, um deine einzige wahre Leidenschaft zu finden.

Werde lieber gut in etwas, das anderen hilft. Das ist das Beste für dich, und das Beste für die Welt. Deswegen haben wir 80.000 Hours gegründet – wir wollen dir helfen, eine Karriere zu finden, die etwas bewirkt.

Aber welche Jobs helfen den Menschen? Kann eine Person wirklich viel bewirken? Das werden wir im nächsten Artikel beantworten.

Was heißt das für deine eigene Karriere?

Die sechs Komponenten, vor allem anderen zu helfen und gut in deinem Job zu sein, können dir als Leitfaden dienen – sie können dir langfristig zum Traumjob verhelfen.

Hier sind einige Übungen, um sie anzuwenden.

  1. Stelle ein paar Vergleiche anhand der sechs Komponenten an. Wähle zwei Möglichkeiten aus, die für dich in Frage kommen, und bewerte sie für jeden Faktor auf einer Skala von 1 bis 5.
  2. Unsere sechs Komponenten sind nur ein Einstiegspunkt. Vielleicht gibt es noch andere Faktoren, die für dich besonders wichtig sind, deshalb empfehlen wir dir, die folgenden Übungen durchzuführen. Sie sind nicht perfekt (wie wir bereits gesehen haben, kann unsere Erinnerung an das, was wir als erfüllend empfunden haben, unzuverlässig sein), aber deine Erfahrungen aus der Vergangenheit komplett zu ignorieren ist auch keine gute Idee.15 Diese Fragen sollten dir Hinweise darauf geben, was für dich am erfüllendsten ist:
  • Wann warst du in der Vergangenheit am erfülltesten? Was hatten diese Erfahrungen gemeinsam?
  • Stell dir vor, du hättest gerade erfahren, dass du in 10 Jahren sterben würdest. Was würdest du mit deiner Zeit machen?
  • Kannst du unsere sechs Faktoren konkretisieren? Mit welchen Menschen arbeitest du zum Beispiel am liebsten zusammen?
  1. Jetzt kannst du unsere Liste mit deinen eigenen Überlegungen kombinieren, um die vier bis acht Komponenten zu bestimmen, die für dich bei deinem Traumjob am wichtigsten sind.
  2. Wenn du in Zukunft deine Optionen vergleichst, kannst du diese Liste nutzen, um herauszufinden, welcher Weg der beste ist. Du wirst wahrscheinlich keine Option finden, die in jeder Hinsicht optimal ist; versuche lieber, die insgesamt beste Option zu finden.

Fragen zu diesem Artikel? Stelle dem Autor eine Frage auf Twitter.


Fußnoten

  1. Es gibt mittlerweile umfassende Forschungsarbeiten darüber, wie gut Menschen die Auswirkungen zukünftiger Ereignisse auf ihr emotionales Wohlbefinden vorhersagen können. Es begann mit Kahneman und Snell in den frühen 1990er Jahren; in den 2000er Jahren war der Harvard-Psychologe Daniel Gilbert einer der führenden Wissenschaftler. Ein Großteil der Forschungsergebnisse ist in Gilberts Buch Ins Glück stolpern zusammengefasst; eine akademische Zusammenfassung gibt es in Gilbert und Wilson (2009). Eine der Erkenntnisse ist, dass wir schlecht voraussagen können, wie wir uns in der Zukunft fühlen werden, und dass wir uns dessen nicht bewusst sind. Wir haben hier schon einmal darüber geschrieben, dass wir schlecht vorhersagen können, wie wir uns fühlen werden (ebenfalls auf Englisch).

    Wir sind uns nicht sicher, wie belastbar all diese Ergebnisse angesichts der Replikationskrise sind, und haben keine neueren Arbeiten gefunden, die diese Ergebnisse replizieren.

    Besonders besorgt sind wir über Gilberts klare Verneinung der Replikationskrise, die 2016 in Science veröffentlicht wurde. Eine überzeugende Antwort auf Gilbert wurde ebenfalls 2016 in Science veröffentlicht, und wir fanden diesen Blogeintrag des Statistikers Andrew Gelman von der Columbia University zum Thema sehr interessant.

    Wir gehen insofern davon aus, dass Gilbert die Ergebnisse überbewertet. Dennoch denken wir, dass der grundlegende Gedanke, dass wir unserer Intuition in diesen Fragen nicht einfach vertrauen können, richtig ist.  ↩︎
  2. Zwar haben viele Studien die sogenannte Peak-End-Regel bestätigt – die Idee, dass wir Erlebnisse danach beurteilen, wie wir uns an den intensivsten Punkten (also auf dem Höhepunkt und am Ende) fühlen –, aber einige haben sie auch in Frage gestellt.

    So stellten Kemp et al. (2008) fest, dass die Peak-End-Regel „kein hervorragender Vorhersagefaktor“ ist und dass die denkwürdigsten oder ungewöhnlichsten Momente (nicht unbedingt die intensivsten Momente) relevantere Vorhersagefaktoren für das später in Erinnerung gebliebene Glück sind. Das deutet darauf hin, dass der „Höhepunkt“ relevanter ist als das Ende.

    Die Peak-End-Regel sagt ungefähr das richtige Glücksniveau voraus, aber die Korrelationen des Peak-End-Durchschnitts mit dem insgesamt in Erinnerung gebliebenen Glück sind im Allgemeinen niedriger als die Korrelationen, die man erhält, wenn man das Glück der Teilnehmer in der denkwürdigsten oder ungewöhnlichsten 24-Stunden-Periode betrachtet… Das insgesamt in Erinnerung gebliebene Glück scheint besser durch das End-Glück vorhergesagt zu werden als durch das Glück auf dem Höchst- oder Tiefststand, und das relative Scheitern der Peak-End-Regel scheint eher auf den Höchststand als auf das Ende zurückzuführen sein.

    Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2022, die 58 unabhängige Studien mit einer kumulierten Stichprobengröße von etwa 12.500 Personen untersuchte, fand jedoch „starke Unterstützung“ für die Peak-End-Regel.

    Der Peak-End-Effekt auf retrospektive Gesamtbewertungen war: (1) groß (r = 0,581, 95  % Konfidenzintervall = 0,487-0.661), (2) robust über die Rahmenbedingungen hinweg, (3) vergleichbar mit dem Effekt des Gesamtdurchschnitts (Mittelwert) und stärker als die Effekte des Trends und der Variabilität über alle Episoden des Erlebnisses hinweg, (4) stärker als die Effekte der ersten (Anfang) und der niedrigsten Intensität (Tiefpunkt) und (5) stärker als der Effekt der Dauer des Erlebnisses – dieser war im Wesentlichen gleich Null, was die Idee der Vernachlässigung der Dauer (engl.: duration neglect) unterstützt. ↩︎
  3. Die Methodologie der CareerCast-Studie von 2015 ist hier beschrieben (Archivlink, abgerufen am 02.03.2016).

    Wir verwenden die Rankings von CareerCast aus dem Jahr 2015, weil wir sie mit Messungen zur Arbeitszufriedenheit und Sinnhaftigkeit vergleichen wollen. Die letzte große Umfrage zu Arbeitszufriedenheit und Sinnhaftigkeit, die wir finden konnten, wurde von Payscale durchgeführt (Archivlink, abgerufen am 17.08.2022); dafür wurden zwischen dem 06.11.2013 und dem 06.11.2015 Daten von 2,7 Millionen Menschen erhoben.

    Die CareerCast-Methodologie von 2021 ist zum großen Teil unverändert und wird hier beschrieben (Archivlink, abgerufen am 27.09.2022). ↩︎
  4. Versicherungsmathematiker:in war der am besten bewertete Job in 2015 (Archivlink, abgerufen am 02.03.2016).

    Versicherungsmathematiker:in fiel 2021 auf den 9. Platz ab (Archivlink, abgerufen am 05.12.2022). ↩︎
  5. Die letzte landesweite Umfrage des britischen Cabinet Office zur Lebenszufriedenheit nach Berufen wurde 2014 durchgeführt (und von der University of Kent veröffentlicht). Die Umfrage ergab, dass „Versicherungsmathematiker:innen, Wirtschaftswissenschaftler:innen und Statistiker:innen“ auf Platz 64 von 274 Berufen rangierten und damit zu den besten 23 % gehörten.
    In der neueren CareerCast-Umfrage von 2021 lagen Versicherungsmathematiker:innen zwar nicht mehr an der Spitze, waren aber immer noch in den Top 10 vertreten.

    BBC-Zusammenfassung (Archivlink, abgerufen am 15.04.2011). ↩︎
  6. Die Umfragen von Payscale erfassen Millionen von Arbeitnehmer:innen. Die jüngste Umfrage, bei der es um Jobzufriedenheit und Sinnhaftigkeit der Arbeit ging, wurde von 2013 bis 2015 durchgeführt. Die Umfrage ergab, dass nur 36 % der Versicherungsmathematiker:innen ihre Arbeit als sinnvoll empfinden. Die Arbeitszufriedenheit war mit 80 % zwar hoch, aber eine beträchtliche Anzahl von Jobs wurde noch höher bewertet. ↩︎
  7. In einer Gallup-Umfrage vom Oktober 2021 (Archivlink, abgerufen am 16.02.2023) wurden 13.085 Beschäftigte in den USA gefragt, was ihnen bei der Entscheidung, ob sie eine neue Stelle bei einem neuen Arbeitgeber annehmen, am wichtigsten ist. 64 % der Befragten gaben an, dass „eine deutliche Erhöhung des Einkommens oder der betrieblichen Sozialleistungen“ „sehr wichtig“ sei, verglichen mit 61 % für „bessere Work-Life-Balance und besseres persönliches Wohlbefinden“, 58 % für „die Möglichkeit, das zu tun, was man am besten kann“ und 53 % für „mehr Stabilität und Arbeitsplatzsicherheit“.

    Bei der Umfrage handelte es sich um eine Webumfrage, die Teilnehmer eigenständig ausfüllten. Es gibt eine Reihe von möglichen Einflüssen, die zu Verzerrungen führen können. Wenn die Teilnahme an der Umfrage bezahlt wurde (was aus der Gallup-Methodik nicht hervorgeht), könnte dies zu Verzerrungen geführt haben. Allerdings hat Gallup die Stichproben gewichtet, um die Antwortausfälle zu korrigieren, indem die Stichprobe an die nationalen demografischen Daten zu Geschlecht, Alter, Race, hispanischer Ethnie, Bildung und Region angepasst wurde. ↩︎
  8. Wenn man die Menschen fragt, was ihre Lebensqualität am meisten verbessern würde, ist die häufigste Antwort ein höheres Einkommen

    Judge, Timothy A., et al. „The relationship between pay and job satisfaction: A meta-analysis of the literature“. Journal of Vocational Behavior 77.2 (2010): 157-167. ↩︎
  9. Eine Studie aus dem Jahr 2021 ergab, dass das Wohlbefinden durchaus mit dem Einkommen steigt, sogar über 75.000 US-Dollar (60.000 Euro) pro Jahr hinaus. Sie stellte jedoch fest, dass dieser Anstieg ebenso wie die Lebenszufriedenheit in etwa logarithmisch ist – mit steigendem Einkommen nimmt das Wohlbefinden immer langsamer zu. Daher ist der Anstieg des Wohlbefindens oberhalb von 75.000 Dollar pro Jahr sehr gering. Die Studie ergab auch, dass das Wohlbefinden mit steigendem Einkommen langsamer zunahm als die Lebenszufriedenheit. Hier findest du einen kritischen Bericht über die Studie. ↩︎
  10. Der durchschnittliche Haushalt in den USA besteht aus 2,5 Personen, aber das ist natürlich nur ein Durchschnittswert aus einer großen Bandbreite von Familienstrukturen. Größere Haushalte profitieren von „Größenvorteilen“, weil sie sich Häuser, Autos und so weiter teilen. Deshalb ist es schwierig zu sagen, wie hoch das Haushaltseinkommen einer einzelnen Person ist.

    Die folgenden Umrechnungsfaktoren sind üblich:
    – Eine einzelne Person hat einen Äquivalenzwert von 1.
    – Eine zusätzliche erwachsene Person bringt einen weiteren Äquivalenzwert von 0,5.
    – Ein Kleinkind erhöht den Äquivalenzwert um 0,3, ein Teenager kostet noch einmal 0,5.

    Damit kann ein Paar den gleichen Lebensstil wie eine Einzelperson führen, wenn es ein 50 % höheres Einkommen hat; ein Paar mit einem kleinen Kind erreicht den gleichen Lebensstil wie eine Einzelperson, wenn das Einkommen des Paares 80 % höher ist; ein Paar mit einem Teenager benötigt ein doppelt so hohes Einkommen.

    Das sind zwar nur Näherungswerte, aber sie sind plausibel und werden von internationalen Organisationen verwendet. Sie werden hier vom britischen Institute for Fiscal Studies beschrieben. (Die IFS-Tabelle gibt die Umrechnungskurse von einem kinderlosen Paar zu einem Haushalt an. Wir haben die oben genannten Zahlen erhalten, indem wir sie durch 0,67 – den Umrechnungskurs für eine Einzelperson – dividiert haben).

    Der Einfachheit halber gehen wir davon aus, dass Menschen während ihres Erwachsenenlebens im Durchschnitt in einem Haushalt leben, der aus einem erwachsenen Paar und einem Kind besteht. Das ist nur ein Durchschnittswert – manche Menschen sind alleinstehend, während andere zumindest für einen Teil ihres Lebens mehrere Kinder großziehen.

    Legt man diesen Näherungswert zugrunde, bedeutet das, dass eine alleinstehende Person im Durchschnitt ihres Erwachsenenlebens etwa 1/1,9 = 53 % so viel benötigt wie ein typischer Haushalt, um den gleichen Lebensstandard zu erreichen.

    In diesem Fall entsprechen 53 % von 50.000-75.000 US-Dollar für einen Haushalt 27.000-40.000 Dollar (22.000-32.000 Euro) für eine Einzelperson. ↩︎
  11. Durschnittlicher Lebensverdienst deutscher Hoschulabsolvent:innen: 
    Quelle: FAZ. (8. Februar, 2014). Höhe der durchschnittlichen Lebensverdienste in Deutschland nach Bildungsabschluss (in 1.000 Euro) [Graph]. In Statista. Zugriff am 16. August 2023, von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/288922/umfrage/durchschnittliche-lebensverdienste-in-deutschland-nach-bildungsabschluss/

    Rechnung: 

    – 2.320.000 € Lebensverdienst nach Hochschulabschluss. 
    – ~ 40 Berufsjahre

    -> 2.320.000 / 40 = 58.000 € ↩︎
  12. Basierend auf Umfragen unter mehr als 2,7 Millionen Amerikanern auf payscale.com (abgerufen am 12. Februar 2016):

    http://www.payscale.com/data-packages/most-and-least-meaningful-jobs/least-meaningful-jobs 
    http://www.payscale.com/data-packages/most-and-least-meaningful-jobs/most-meaningful-jobs 
    http://www.payscale.com/data-packages/most-and-least-meaningful-jobs/methodology  ↩︎
  13. Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2018 ergab, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen altruistischem Handeln und dem eigenen Wohlbefinden gibt. In die Untersuchung wurden 27 experimentelle Studien mit einer Gesamtstichprobengröße von 4.045 Personen einbezogen.

    Diese 27 Studien, von denen einige mehrere Kontrollbedingungen und abhängige Messgrößen enthielten, ergaben 52 Effektgrößen. Unsere mehrstufige Modellierung ergab, dass der Gesamteffekt von guten Taten auf das Wohlbefinden der Akteure gering bis mittelstark ist (δ = 0,28). Der Effekt wurde nicht durch das Geschlecht, das Alter, die Art der Teilnehmenden, die Intervention, die Kontrollbedingung oder die Ergebnismessung gemindert. Es gab keine Anzeichen für einen Publikationsbias. ↩︎
  14. Die Aussage basiert auf der folgenden Untersuchung: Aknin, Lara, Christopher P. Barrington-Leigh, Elizabeth W. Dunn, John F. Helliwell, Robert Biswas-Diener, Imelda Kemeza, Paul Nyende, Claire Ashton-James, Michael I. Norton (2010). „Prosocial Spending and Well-Being: Cross-Cultural Evidence for a Psychological Universal.“ Harvard Business School Working Paper 11-038.

    Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass ein Teil des Zusammenhangs darauf zurückzuführen ist, dass glücklichere Menschen mehr spenden. Siehe: Boenigk, S. & Mayr, M.L. J Happiness Stud (2016) 17: 1825. doi:10.1007/s10902-015-9672-2

    Für eine umfassendere Betrachtung der Frage siehe Giving without sacrifice, von Andreas Mogensen, Giving What We Can Research (Archivlink, abgerufen am 6. April 2017). ↩︎
  15.  Du kannst mit der Zeit genauer herausfinden, was dir Spaß macht, wenn du dein Glücksgefühl am Ende eines jeden Tages bewertest. So bist du nicht auf unzuverlässige Erinnerungen angewiesen. ↩︎