Inhaltsverzeichnis des Karriereratgebers

EINFÜHRUNG: Warum sollte ich diesen Ratgeber lesen?

KAPITEL 6 – In welchen Jobs kann man am meisten Gutes bewirken?
Ansatz 1: Verdienen, um zu spenden
Häufige Einwände gegen das Verdienen, um zu spenden
Ansatz 2: Ideen vermitteln
Ansatz 3: Forschung
Ansatz 4: Regierung und Politik
Ansatz 5: Organisationen aufbauen
Weitere Ideen für wirkungsvolle Karrieren
Welcher Ansatz ist der richtige für dich?
Fazit: Bei welchem Job kannst du am meisten bewirken?
Zusammenfassung unseres Ratgebers soweit

KAPITEL 7 – Welche Jobs verschaffen dir langfristig die besten Chancen?
Warum Karrierekapital so wichtig ist
Fünf Bestandteile von Karrierekapital
Welche Fähigkeiten werden in Zukunft am wertvollsten sein?
Konkrete Schritte zum Aufbau von Karrierekapital
Übertragbares und fachliches Karrierekapital
Solltest du warten, um mehr zu bewirken?
Fazit

Kapitel 8 – Wie du den richtigen Beruf für dich findest
Gut in deinem Job zu sein ist wichtiger als du denkst
Warum Introspektion, Bauchgefühl und Karrieretests nicht funktionieren
Was funktioniert laut Forschung tatsächlich?
Denke wissenschaftlich – Finde den richtigen Job.
Wie viel solltest du in deiner Berufslaufbahn ausprobieren?
Fazit

MozartChild
Mozart ist eines der berühmtesten Wunderkinder — aber viele Menschen wissen nicht, dass sein Vater ein Musiklehrer von Weltrang war und ihn ab seinem dritten Lebensjahr unterrichtete. Auch Mozarts Schwester war eine begabte Musikerin; dieses Bild zeigt alle drei beim gemeinsamen Proben. Großes Können erfordert viel Übung.

Wir feiern gerne die Mozarts, Malala Yousafzais und Mark Zuckerbergs dieser Welt — Menschen, die in jungen Jahren große Erfolge erzielt haben. Es gibt alle möglichen Auszeichnungen für junge Genies, wie die Forbes 30 Under 30.

Aber diese Geschichten sind gerade deshalb so faszinierend, weil sie die Ausnahme sind.

Die meisten Menschen erreichen den Höhepunkt ihres Schaffens in der Lebensmitte. Das Einkommen erreicht normalerweise in den Vierzigern seinen höchsten Stand; man kann also vermuten, dass es bei den meisten Menschen etwa 20 Jahre dauert, bis sie am produktivsten sind.1

Auch Expert:innen erreichen ihren Leistungshöhepunkt erst zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr,2 und dieses Alter steigt im Laufe der Zeit tendenziell an.3

Gebiet Alter bei Leistungsspitze
Theoretische Physik, lyrische Dichtung, reine Mathematik ca. 30
Psychologie, Chemie ca. 40
Romane, Geschichte, Philosophie, Medizin ca. 50
Wirtschaft — Durchschnittsalter der CEOs von 500 der größten börsennotierten US-Unternehmen 55
Politik — Durchschnittsalter der US-Präsidenten (erste Amtszeit) 55

Als Forschende diese Ergebnisse genauer untersuchten, stellten sie fest, dass Höchstleistungen in etablierten Bereichen in der Regel 10 bis 30 Jahre gezielter Übung erfordern.4 K. Anders Ericsson, einer der führenden Wissenschaftler auf diesem Gebiet, sagte nach 30 Jahren Forschung:

Ich habe noch nie ein überzeugendes Beispiel dafür gefunden, dass jemand ohne intensives, langes Üben außergewöhnliche Fähigkeiten entwickelt hätte.

Damit Mozart in so jungen Jahren erfolgreich sein konnte, musste er besonders früh anfangen. Mozarts Vater war ein berühmter Musiklehrer, der ihn schon als Kleinkind intensiv unterrichtete.

All das mag zunächst entmutigend klingen: Um erfolgreich zu sein, muss man viel Zeit investieren. Aber die Kehrseite ist: Du kannst viel fähiger werden, als du es heute bist.

Viele Menschen kommen zu uns und sagen: „Ich bin mir nicht sicher, ob ich nützliche Fähigkeiten habe, um die Welt zu verbessern.“ Und oft stimmt das auch. Wenn du gerade deinen Abschluss gemacht hast, hast du die letzten Jahre wahrscheinlich damit verbracht, Goethe, Quantenmechanik oder Machiavelli zu studieren, und dein zukünftiger Job wird vermutlich nicht besonders viel Gebrauch davon machen.

Ericssons Forschung zeigt aber auch, dass jeder Mensch die meisten seiner Fähigkeiten durch gezieltes Üben verbessern kann. Natürlich spielen auch andere Faktoren eine Rolle. Wenn du zwei Meter groß bist, wird dir das Basketballspielen viel leichter fallen; aber das bedeutet nicht, dass klein gewachsene Menschen ihr Können nicht ebenfalls steigern können.

Das heißt: Auch wenn du das Gefühl hast, dass du jetzt nicht viel beitragen kannst, kannst du in Zukunft viel mehr können und dich wahrscheinlich jahrzehntelang weiter verbessern — das sollte zu Beginn deiner Karriere normalerweise oberste Priorität haben.

Lesezeit: 38 Minuten

Auf einen Blick

Karrierekapital bezeichnet alles, was dich in eine bessere Position bringt, um in der Zukunft etwas zu bewirken, z.B. Fähigkeiten, Beziehungen, Referenzen, deine Persönlichkeit und finanzielle Möglichkeiten.

Um Karrierekapital aufzubauen, empfehlen wir dir, nützliche Fähigkeiten zu erlernen. Dazu musst du:

  • Dich darauf konzentrieren, Fähigkeiten zu erlernen, die für die Lösung drängender Probleme besonders wertvoll sind.
  • Fähigkeiten erlernen, die gut zu dir passen.
  • Über viele Jahre hinweg mit kompetenter Unterstützung üben.
  • Gelegenheiten erkennen, um zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein (z.B. indem du in neuen und schnell wachsenden Bereichen arbeitest).

Gerade zu Beginn deiner Karriere ist der Aufbau von Karrierekapital entscheidend, denn nur so kannst du im Laufe deines Lebens viel produktiver werden. In den ersten paar Jobs kannst du nur selten etwas bewirken, und der Aufbau von Karrierekapital sollte daher eine höhere Priorität haben.

Hier sind einige gängige Vorgehensweisen zum Aufbau von Karrierekapital, die dir Ideen für die nächsten Schritte liefern können:

  • Arbeit mit Organisationen oder Menschen, die in deinem Bereich als besonders kompetent gelten. Wir weisen oft insbesondere auf Jobs in Technologie-Start-ups oder Top-KI-Laboren hin, aber du wirst gute Teams und Unternehmen in jeder Branche finden. Schau dir Organisationen an, die für unsere drängenden Probleme besonders relevant sind (auch wenn nicht alle von ihnen gute Möglichkeiten bieten, Karrierekapital aufzubauen).
  • Bestimmte weiterführende Studiengänge, vor allem solche, die für unsere Prioritäten relevant sind, wie etwa Wirtschaftswissenschaften, maschinelles Lernen oder synthetische Biologie; für den Fall der Fälle bieten sie auch außerhalb des akademischen Bereichs eine gute Perspektive.
  • Einstiegsmöglichkeiten in der Politik, wie beispielsweise bestimmte Positionen als Mitarbeiter:in im Büro von Bundestagsabgeordneten, die Teilnahme an Wahlkampagnen oder die Arbeit in bestimmten Positionen in der Exekutive.
  • Berufe, die nützliche Fähigkeiten für die Arbeit an einem drängenden Problem vermitteln und gleichzeitig gute Ersatzoptionen offenhalten: zum Beispiel Management, Softwareentwicklung, Data Science, Informationssicherheit, Marketing, oder Kenntnisse über China bzw. andere Schwellenländer.
  • Gelegenheiten, etwas Beeindruckendes zu erreichen — zum Beispiel die Gründung einer Organisation. Unter diese Option fällt alles, wo du dich auszeichnen oder in einem Bereich eine Spitzenposition erreichen kannst.
  • Wenn du das Glück hast, etwas tun zu können, das in den nächsten fünf Jahren bereits eine große positive Wirkung haben wird, ist das oft eine gute Wahl; es ist nicht nur beeindruckend, sondern verschafft dir auch relevante Beziehungen und Fähigkeiten für die Lösung des Problems, an dem du arbeitest.

In den ersten paar Jobs hat Karrierekapital in der Regel oberste Priorität, aber danach wird es schwierig zu entscheiden, inwieweit der weitere Aufbau von Karrierekapital gegenüber direkter Wirkung Priorität haben sollte — das hängt von den jeweiligen Umständen ab. Das gilt auch für die Frage, ob man fachliches oder übertragbares Karrierekapital in den Vordergrund stellen sollte.

Es gibt außerdem viele Möglichkeiten, innerhalb deines bestehenden Jobs Karrierekapital aufzubauen; darauf gehen wir in einem späteren Kapitel ein.

Warum Karrierekapital so wichtig ist

Chantelle5 wollte direkt nach dem Studium etwas bewirken und schaffte es sogar, einen spannenden Job als Programmmanagerin bei einer gemeinnützigen Organisation zu bekommen, die Pandemien verhindern will. Aber in dem kleinen Team war es schwierig, Zeit zu finden, um ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln, und sie konnte nicht so viel bewirken, wie sie sich erhofft hatte. Nach ein paar Monaten schlief sie schlecht, war gestresst und fühlte sich ausgebrannt. 

Chantelle entschied sich stattdessen für ein weiterführendes Studium. Es macht ihr nicht nur viel mehr Spaß; sie hat auch das Gefühl, dass sie Dinge lernt, die ihr in ihrer zukünftigen Karriere wirklich helfen können.

Natürlich ist es ärgerlich, wenn man sinnvolle Arbeit aufschiebt, aber man kann nur selten direkt viel bewirken.

Zu Beginn deiner Karriere ist es wichtiger, dass du in deine Fähigkeiten investierst und die nötige Ausbildung erhältst, um langfristig möglichst viel zu erreichen.

Das ist vor allem deshalb der Fall, weil man im Laufe des Berufslebens sehr viel produktiver werden kann. Stell dir den potenziellen Einfluss einer Wissenschaftlerin, eines Politikers oder Vorstandsvorsitzenden auf dem Höhepunkt seiner oder ihrer Karriere (im Alter von 40-50 Jahren) vor, verglichen mit dem Einfluss, den die Person gleich nach dem Studium hatte.

Bei unserer Beratung haben wir viele Beispiele dafür gesehen, dass Menschen viel erfolgreicher, glücklicher und leistungsfähiger geworden sind, indem sie in sich selbst investiert haben — oft in Bereichen, die auch für sie selbst überraschend waren.

Sich zu früh zu sehr auf die Wirkung zu konzentrieren, kann sogar zu kurz gedacht sein, denn so nimmt man sich unter Umständen die Möglichkeit, später in eine noch bessere Position zu kommen.Das bedeutet, dass der Aufbau von Karrierekapital für die meisten Menschen zu Beginn der Karriere oberste Priorität hat. Doch was ist Karrierekapital?

Fünf Bestandteile von Karrierekapital

Unter Karrierekapital verstehen wir alles, was dich in eine bessere Ausgangslage versetzt, um in Zukunft etwas zu bewirken oder deine Karriere erfüllend zu gestalten.

In der Regel unterteilen wir es in fünf Komponenten, mit deren Hilfe du die verschiedenen Optionen in Hinblick auf dein Karrierekapital vergleichen kannst:

  • Kompetenzen und Wissen: Was wirst du lernen, wie schnell, und wie nützlich wird es für dich sein? Ein Job eignet sich am besten zum Lernen, wenn du gefordert bist, dich zu verbessern und viel Feedback von Mentor:innen und Kolleg:innen bekommst. Frage dich: „Wo werde ich am schnellsten lernen?“
  • Beziehungen: Mit wem wirst du arbeiten und wen wirst du kennenlernen? Gehören dazu potentielle künftige Mitarbeiter:innen für wichtige Projekte, Freund:innen und Mentor:innen, die dich unterstützen, Menschen, die Einfluss haben oder dir helfen können, neue Bereiche zu erschließen?
  • Referenzen: Damit meinen wir sowohl formale Zeugnisse, wie z.B. einen Abschluss in Jura, als auch deine Leistungen und deinen Ruf — oder alles andere, was ein gutes Signal für zukünftige Kolleg:innen oder Arbeitgeber:innen ist. Wenn du schreibst, könnte das die Qualität deines Blogs sein. Wenn du programmierst, ist es vielleicht dein GitHub. Wie kannst du zeigen, dass du Gutes nicht nur bewirken willst, sondern es auch gut kannst?
  • Persönlichkeit: Hilft dir diese Option, Tugenden wie Großzügigkeit, Mitgefühl, Bescheidenheit, Integrität, Ehrlichkeit, gutes Urteilsvermögen und Respekt vor wichtigen Normen zu kultivieren? Wirst du vor allem mit Menschen mit guter Persönlichkeit zusammenarbeiten (das hat nämlich einen großen Einfluss)? Diese Eigenschaften sind wichtig, um Vertrauen zu gewinnen, mit anderen zusammenzuarbeiten und keinen Schaden anzurichten. Sie entscheiden auch darüber, ob du in der Lage bist, die richtigen Entscheidungen zu treffen, wenn es darum geht, die Welt zu verbessern.
  • Rücklagen: Wie viel Geld wirst du in diesem Job ansparen? Deine Rücklagen bestimmen, wie lange du problemlos ohne Einkommen leben könntest. Diese Dauer hängt sowohl von deinen Ersparnissen ab als auch davon, wie stark du deine Ausgaben reduzieren kannst. Wir empfehlen, mindestens sechs Monate anzustreben, um deine finanzielle Sicherheit zu gewährleisten; 12-18 Monate geben dir die nötige Flexibilität, um größere berufliche Veränderungen vorzunehmen. Bevor du mehr als 1 % pro Jahr spendest oder eine große Gehaltskürzung akzeptierst, um eine größere Wirkung zu erzielen, lohnt es sich in der Regel, Schulden zu tilgen, auf die du hohe Zinsen zahlen musst.

Der beste Weg zum Karrierekapital: Entwickle nützliche Fähigkeiten

Wenn wir alle unsere Ratschläge zum Thema Karrierekapital auf einen Nenner bringen müssten, würden wir sagen: Entwickle nützliche Fähigkeiten.

Mit anderen Worten: Eigne dir Fähigkeiten an, die auf dem Arbeitsmarkt geschätzt werden — und die es leichter machen, die Komponenten für einen erfüllenden Job auszuhandeln — sowie solche, die für die Lösung der drängendsten globalen Probleme benötigt werden.

Wenn du erst einmal über wertvolle Fähigkeiten verfügst, musst du auch lernen, wie du diese Fähigkeiten anderen gegenüber verkaufen und Kontakte knüpfen kannst. Das kann bedeuten, dass du bewusst Anerkennung erlangst, indem du Studienabschlüsse erwirbst oder öffentlich sichtbare Projekte realisierst, oder dass du das tust, was man gemeinhin „Networking“ nennt — also zum Beispiel auf Konferenzen gehst oder dir eine Twitter-Fangemeinde aufbaust. Natürlich bauen solche Aktivitäten auch dein Karrierekapital auf. Aber sie sind viel einfacher durchzuziehen, wenn du etwas Nützliches zu bieten hast. Deshalb legen wir den Schwerpunkt zuerst auf den Aufbau von Fähigkeiten.

Um etwas Nützliches gut zu können, ist meist eine Kombination aus den folgenden vier Zutaten nötig:

  1. Nützliche Fähigkeiten auswählen — im letzten Kapitel haben wir einige allgemeine Arten von Fähigkeiten beschrieben, die unserer Meinung nach wertvoll sind, um Gutes zu bewirken: Aufbau von Organisationen, Kommunikation von Ideen und Aufbau von Communities, Forschung, Verdienen, um zu spenden, sowie Verwaltung und Politik. Wir haben auch einen Kapitel darüber geschrieben, welche Fähigkeiten dich am besten für den Arbeitsmarkt qualifizieren.
  2. Fähigkeiten finden, die gut zu dir passen — also solche, die zu deinen Stärken passen und die du am schnellsten erlernen kannst. Im nächsten Kapitel gehen wir näher darauf ein.
  3. Üben — es dauert in den meisten Berufen Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, bis du richtig gut wirst. Du solltest nicht erwarten, auf Anhieb zu brillieren. Deshalb ist es wichtig, gute Mentor:innen zu finden und etwas zu tun, das du über einen langen Zeitraum verfolgen kannst.
  4. Deine Chancen steigern, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein — es ist zum Beispiel viel einfacher, in einem brandneuen, schnell wachsenden Bereich an die Spitze zu kommen als in einem etablierten Gebiet wie der Rechtswissenschaft, wo es viel mehr Wettbewerb gibt. Auch die Zugehörigkeit kann ein entscheidender Faktor sein. Wenn du also auf eine Community, eine Person oder eine Organisation stößt, die gerade im Aufwind ist, kann es sich auszahlen, dabei zu sein.

Kurz gesagt: Versuche, so effektiv wie möglich Nützliches zu lernen.

Im nächsten Abschnitt gehen wir auf einige konkrete Arten von Jobs ein, mit denen viele unserer Gesprächspartner:innen ihr Karrierekapital verbessern konnten und in unserem Kapitel über die Jobsuche erklären wir, wie du dein vorhandenes Karrierekapital richtig verkaufen kannst.

Welche Fähigkeiten werden in Zukunft am wertvollsten sein?

Willst du Illustratorin, Anwaltsgehilfe oder Medizintechnikerin werden? Vielleicht gibt es diese Berufe bald nicht mehr.

Vor einigen Jahrzehnten galt das Schachspiel als Beispiel für etwas, das eine Maschine niemals beherrschen kann. Doch 1997 verlor der damalige Weltmeister Garri Kasparow gegen das Computerprogramm Deep Blue.

Im Jahr 2020 wurden die Auswirkungen von drei Arten der Automatisierung auf den Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahrzehnten untersucht: Standardsoftware, Roboter und KI. Die Studie stellte fest, dass die Fortschritte in der IT und bei Standardsoftware die Zahl der Beschäftigten in stark von Routine geprägten oder administrativen Tätigkeiten verringert haben, während die Fortschritte in der Robotik viele manuelle Tätigkeiten ersetzt haben, nicht aber solche, die soziale Intelligenz oder Kreativität erfordern.

Aber wir glauben, dass die rasanten Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz — insbesondere beim maschinellen Lernen — deine Karriere am meisten beeinträchtigen könnten.

Bisher hat maschinelles Lernen am besten funktioniert, wenn man viele Daten sammeln konnte, um einen Algorithmus auf einen bestimmten Test hin zu trainieren. Deshalb gibt es bereits Automatisierungen in Bereichen wie dem Betrieb von Kraftwerken oder der Auswertung von medizinischen Tests.

In den letzten Jahren gab es enorme Fortschritte bei viel allgemeineren und kreativeren KI-Systemen. Die fortschrittlichsten KI-Systeme können komplexe akademische Prüfungen besser bestehen als die meisten Menschen, extrem realistische Bilder aus Texten erzeugen und einige schwierige Programmieraufgaben lösen. All das war vor Kurzem noch unmöglich.

Eine Studie aus dem Jahr 2013, über die wir bereits in der Vergangenheit geschrieben haben, vermutete, dass kreative Aufgaben am schwersten zu automatisieren sein würden, aber das Generieren von Ideen ist eine der Stärken der neuesten KI-Systeme. Sie können zum Beispiel in kürzester Zeit Hunderte von Bildern im Stil von Dali und Pollock erzeugen, oder endlose Ideen für aufmerksamkeitserregende Schlagzeilen.

Zu den am schwierigsten zu automatisierenden Aufgaben gehören wahrscheinlich:

  • Entscheidungsfindung und Problemlösung, wie zum Beispiel die Auswahl aus einer Vielzahl von KI-generierten Bildern. Das gilt insbesondere für Entscheidungen, bei denen es wichtig ist, dass ein Mensch beteiligt ist (etwa aus rechtlichen Gründen).
  • Soziale Intelligenz und Beziehungsaufbau.
  • Schwierige motorische Fähigkeiten. Roboter bleiben hinter generativen KI-Systemen zurück, daher sind Berufe vom Klempner bis zum Chirurgen wahrscheinlich weniger betroffen (zumindest vorerst).
  • Spitzenexpertise. KI-Systeme sind in ihren Fachgebieten immer noch nicht so präzise wie menschliche Top-Expert:innen (wobei nicht klar ist, wie lange das noch so bleiben wird).

Wie sich das im kommenden Jahrzehnt auf den Arbeitsmarkt auswirken wird, lässt sich nur schwer vorhersagen.

Die oben erwähnte Analyse aus dem Jahr 2020 stellte die These auf, dass Berufe zwischen dem 70. und dem 99. Perzentil des Einkommens am stärksten von den Fortschritten der KI betroffen sein werden und wahrscheinlich ein niedrigeres relatives Einkommen haben werden. Die Liste der Bereiche, die am ehesten betroffen sein werden, umfasst technische Chemie, Augenoptik und Fahrdienstleitung. Die Liste der am wenigsten betroffenen Berufe umfasst dagegen Unterhaltung, Lebensmittelzubereitung und Hochschullehre. (Diese Analyse ist nur ein mögliches Modell — wir sollten ihr also nicht blind vertrauen).

Es geht nicht darum, dass die von der Automatisierung am stärksten betroffenen Berufe weniger Beschäftigung oder Einkommen haben werden. Wenn alle Chemieingenieur:innnen irgendwann doppelt so viel leisten können wie vorher, könnte das dazu führen, dass nur noch halb so viele eingestellt werden, oder es könnten mehr eingestellt werden, weil sie jetzt doppelt so viel Wert produzieren wie vorher. Es hängt ganz von den wirtschaftlichen Details der Situation ab.

Was aber klarer ist: Jobs werden mehr schwer zu automatisierende Aufgaben beinhalten und weniger Aufgaben, die von KI-Systemen erledigt werden können.

Wenn du also willst, dass deine Fähigkeiten auch in Zukunft relevant bleiben, solltest du dich mehr auf das Erlernen der am schwersten zu automatisierenden Fähigkeiten konzentrieren (wie zum Beispiel die oben genannten) und auch lernen, wie du KI nutzen kannst, um deine Produktivität zu steigern. Wahrscheinlich werden in Zukunft diejenigen Fachkräfte am erfolgreichsten sein, die am besten in der Lage sind, KI und Automatisierung zur Lösung wichtiger Probleme zu nutzen.

Es ist nahezu unmöglich zu wissen, was über die nächsten 5-10 Jahre hinaus passieren wird. Letztendlich scheint es, dass KI-Systeme in der Lage sein werden, so gut wie alle Aufgaben besser als Menschen zu erledigen; und wer weiß, wie die Wirtschaft dann aussehen wird.

Mehr zum Thema erfährst du in unserem Interview mit Micheal Webb vom August 2023 über die Auswirkungen der KI auf die Wirtschaft.

Konkrete Schritte zum Aufbau von Karrierekapital

Um dein Karrierekapital zu steigern, empfehlen wir vor allem, nützliche Fähigkeiten zu erwerben. Dazu haben wir eine Liste nützlicher Fähigkeiten zusammengestellt, mit Hinweisen, wie du deine Eignung einschätzen und mit dem Lernen beginnen kannst.

Wir empfehlen dir, eine Fähigkeit auszuwählen, die vermutlich am besten zu dir passt, und dich dann einige Jahre lang auf sie zu konzentrieren.

Um deinen nächsten Schritt zu bestimmen, frage dich: Welcher Beruf würde mir in den nächsten Jahren am meisten helfen, diese Fähigkeit zu erlernen?

Hier sind zwei weitere Möglichkeiten, um herauszufinden, was der nächste Schritt für dein Karrierekapital sein sollte:

Erstens kannst du von deinem langfristigen Ziel ausgehend überlegen. Frage dich: „Wenn ich an diesem Punkt ankommen will, welcher nächste Schritt würde mich am meisten voranbringen?“ Das kann dir helfen, besonders effektive Wege zu finden, um voranzukommen (mehr dazu im Kapitel über Karriereplanung).

Zweitens haben wir einige Ideen für Jobs zusammengestellt, die du für ein paar Jahre (oder auch weniger) ausüben kannst und die sich unserer Erfahrung nach besonders gut zum Ausbau deiner Fähigkeiten eignen. Notiere alle, die gut zu dir passen könnten — du kannst sie zu deiner Liste mit Ideen für die nächsten Schritte hinzufügen, die wir später in diesem Ratgeber erstellen.

1. Arbeite in einer Organisation, die wächst und den Ruf hat, in deinem Bereich viel zu leisten

Wenn du gerade deinen Abschluss gemacht hast, bist du wahrscheinlich nicht besonders gut darin, echte Aufgaben zu lösen.

Im Studium lernst du, klar definierte Aufgaben mit eindeutigen Antworten in kurzer Zeit zu lösen, die auf dein Niveau zugeschnitten sind. In der Arbeitswelt besteht ein Großteil der Herausforderung darin, herauszufinden, was das Problem überhaupt ist, und Prioritäten zu setzen. Projekte haben nicht (oder zumindest nicht zwangsläufig) einen genau definierten Umfang oder eindeutige Erfolgskriterien. Großartige Leistungen sind vielleicht nicht möglich, oder sie erfordern viele Jahre Arbeit.

Wahrscheinlich kannst du nicht einmal grundlegende Dinge tun, wie zum Beispiel Wochenbesprechungen leiten, Jahresabschlüsse lesen, gute Präsentationen halten oder mit Vorständen sprechen.

Deshalb gibt es nach dem Studium kaum etwas Nützlicheres als die Arbeit in einem leistungsstarken Team mit hoher Integrität, in dem du die äußerst nützliche Fähigkeit erlernen kannst, bei der Arbeit überhaupt Dinge zu erledigen.

Wenn die Organisation außerdem einen guten Ruf hat, kannst du zudem später damit punkten, dort gearbeitet zu haben. Außerdem triffst du wahrscheinlich viele andere ehrgeizige Leute und baust so dein Netzwerk aus.

Wenn die Organisation schnell wächst, hast du mehr Möglichkeiten, befördert zu werden, die Arbeitsmoral ist besser und deine zukünftigen Leistungen werden noch beeindruckender sein.

Es ist schwer, einen Job zu finden, der all diese Kriterien erfüllt, aber es lohnt sich trotzdem, auf sie zu achten. Hier sind noch ein paar weitere Überlegungen, die du bei der Wahl deines Arbeitsplatzes berücksichtigen solltest:

Solltest du in der Privatwirtschaft oder bei einer gemeinnützigen Organisation arbeiten?

Die Privatwirtschaft ist vielleicht sogar der bessere Ort, um deine Produktivität zu verbessern, weil der klare Feedback-Mechanismus des Profits ineffektive Arbeit schneller ausmerzt. Wir haben das Gefühl, dass viele klassische gemeinnützige Organisationen ziemlich dysfunktional sind — mit einer der Gründe, warum Führungskräfte von gemeinnützigen Organisationen potenziellen Arbeitskräften oft empfehlen, sich woanders hochzuarbeiten.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist, dass es in der Privatwirtschaft viel mehr Arbeitsplätze gibt und die höhere Bezahlung dir helfen kann, deine Rücklagen aufzubauen.

Dennoch gibt es viele großartige Organisationen und Teams in allen Bereichen, einschließlich gemeinnütziger Organisationen, Behörden und der Wissenschaft.

Selbst wenn man die Wirkung beiseite lässt, kann die Arbeit in einer Organisation mit sozialem Auftrag große Vorteile bieten: Du lernst etwas über ein drängendes globales Problem, triffst andere Menschen, die Gutes bewirken wollen, hast mehr Motivation und eine sinnvollere Arbeit.

Sollst du für eine kleine oder große Organisation arbeiten?

In kleineren Organisationen kannst du in der Regel eine größere Vielfalt an Fähigkeiten erlernen und möglicherweise schneller mehr Verantwortung übernehmen. Größere Organisationen sind in der Regel bekannter, bieten also gute Referenzen für deinen Lebenslauf, haben Aufgaben mit geringerer Varianz und verfügen oft über mehr Kapazitäten für Weiterbildung und Mentoring.

Möglicherweise gibt es in kleinen Organisationen bessere Feedbackschleifen zwischen Leistung und Erfolg, während es in großen eher darum geht, sich in der Politik und der Bürokratie der Organisation zurechtzufinden (obwohl auch das wertvolle Fähigkeiten sein können).

Wenn du längerfristig im gemeinnützigen Sektor arbeiten möchtest, bedenke, dass viele dieser Organisationen klein sind, so dass die Arbeit in einer kleineren Organisation dir vielleicht mehr relevante Fähigkeiten vermittelt. Wenn du dagegen in der Verwaltung oder Politik arbeiten möchtest, könnten große Organisationen eine bessere Vorbereitung sein.

Wie werden die Menschen sein?

Es gibt große kulturelle Unterschiede zwischen Organisationen und sogar zwischen Teams innerhalb einer Organisation.

Wenn du Karrierekapital aufbauen willst, solltest du dort arbeiten, wo du ein gutes Mentoring und Feedback zu deiner Arbeit bekommst. Ohne gute Anleitung oder Vorbilder ist das Lernen schwierig. Außerdem wird die Persönlichkeit der Menschen, mit denen du zusammenarbeitest, auf dich abfärben.

Welche konkreten Optionen sind die besten?

Eine Option, die sich besonders anbietet, ist die Arbeit in einem vielversprechenden Tech-Start-up. Sie kann viele der oben genannten Vorteile in sich vereinen: leistungsstarke, sehr ergebnisorientierte Teams, schnelles Wachstum und die Möglichkeit, sich generalistische Fähigkeiten anzueignen. Wenn das Start-up erfolgreich ist, bekommst du außerdem wertvolle Anerkennung und Geld. Wenn du ein Unternehmen findest, bei dem du relevante Fähigkeiten für die Lösung eines der wichtigsten globalen Probleme erlernen kannst, wäre es das Sahnehäubchen.

Natürlich sind viele Start-ups schlecht geführt, und viele Start-ups scheitern. Aber du kannst deine Chancen erhöhen, bei einem der Besseren zu arbeiten. Mehr dazu erfährst du in unserem Karrierebericht über Jobs in Start-ups.

Eine weitere Option ist die Arbeit in KI-Spitzenlaboren wie OpenAI oder DeepMind. In diesen führenden Organisationen lernst du mehr über die KI-Forschung und knüpfst Kontakte; gleichzeitig verschaffst du dir gute alternative Optionen. Idealerweise arbeitest du in einer Position, die sich direkt mit KI-Sicherheit oder -Politik befasst, denn die bloße Weiterentwicklung von KI-Fähigkeiten könnte aufgrund der potenziellen Risiken leicht schädlich sein, und wir raten davon ab, schädigende Rollen zu übernehmen, um Karrierekapital aufzubauen.

Es gibt viele andere Möglichkeiten, die ebenfalls in Frage kommen. Organisationen, die für unsere drängenden Probleme besonders relevant sind, findest du in unserer Liste der empfohlenen Organisationen (bedenke aber, dass nicht alle von ihnen gut für den Aufbau von Karrierekapital geeignet sind).

In der Privatwirtschaft gibt es einige Optionen, die häufig in Erwägung gezogen werden, wie z.B. die Arbeit in großen Technologieunternehmen, in führenden Finanzfirmen, in der Unternehmensberatung (wo du auch Erfahrungen in verschiedenen Branchen sammeln kannst), im Dienstleistungssektor (z.B. bei einer der vier großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften) oder im juristischen Bereich. Du solltest alle Optionen ausschließen, die du für schädlich hältst, und dich auf diejenigen konzentrieren, die am besten zu dir passen.

2. Wähle dein Studienfach sorgfältig aus

Selbst wenn Menschen sich nicht sicher sind, ob sie eine akademische Laufbahn einschlagen wollen, lassen sich viele in (gerade in angelsächsischen Ländern) kostspielige Aufbaustudiengänge treiben, die keine guten Ausweichmöglichkeiten bieten. Oft ist das keine gute Entscheidung.

Bilal hat am Ende seines Studiums an einem Forschungsprojekt in Kosmologie gearbeitet. Eine Promotion erschien ihm als natürlicher nächster Schritt. Aber als er mit der Doktorarbeit begann, kam er zu dem Schluss, dass er dabei nicht viel lernen würde, außer wie man akademische Kosmologie betreibt — und er glaubte nicht, dass eine Karriere in der akademischen Kosmologie ein besonders guter Weg für ihn wäre, etwas zu bewirken. Obwohl es ein Leichtes gewesen wäre, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen, entschied er sich, das Studium vorzeitig abzubrechen und sich in einem anderen Bereich zu qualifizieren.

Einige Studienprogramme können deiner Karriere jedoch einen enormen Schub geben. Für uns sind die attraktivsten Promotionsstudiengänge wohl Wirtschaftswissenschaften oder maschinelles Lernen:

  • Fast alle, die in Wirtschaftswissenschaften oder maschinellem Lernen promoviert haben, können einen Job im jeweiligen Fachbereich finden — anders als bei den meisten anderen Abschlüssen.
  • Maschinelles Lernen steht in direktem Zusammenhang mit einem der drängendsten Probleme der Welt — den Risiken durch künstliche Intelligenz. Die Wirtschaftswissenschaften wiederum bereiten dich darauf vor, an einer Vielzahl von wichtigen Problemen zu arbeiten, darunter KI-Politik, globale Prioritätenforschung, internationale Entwicklung und vieles mehr.
  • Du kannst von den Wirtschaftswissenschaften in die übrigen Sozialwissenschaften oder in wichtige Positionen in der Politik wechseln. Genauso können die Fähigkeiten im Bereich des maschinellen Lernens in vielen anderen Fachbereichen eingesetzt werden.
  • Für beide gibt es hoch dotierte alternative Optionen.

Aber es gibt auch viele andere gute Möglichkeiten.

Wenn du dich für eine Promotion als nächsten Schritt interessierst, findest du hier einige Tipps zur richtigen Auswahl:

Welches ist das beste Promotionsprogramm für dich?

Kriterien für den Vergleich von Promotionsfächern:

  • 1. Persönliche Eignung — wirst du gut in diesem Fach sein? Wenn du gut bist, ist es wahrscheinlicher, dass du später auch in diesem Bereich arbeiten kannst, es wird dir mehr Spaß machen und du wirst die Aufgaben schneller erledigen.
  • 2. Relevanz für deine langfristigen Pläne — führt es dich zu den Zielen, die dich am meisten interessieren? Viele Menschen sind versucht, ein Studium zu absolvieren, auch wenn es für ihre längerfristigen Pläne nicht besonders hilfreich ist. Zum Beispiel versuchen potenzielle Unternehmer:innen oft, einen MBA-Abschluss zu machen, obwohl er für das Unternehmertum nicht besonders hilfreich ist; viele Menschen probieren es mit einem zufälligen Master-Abschluss, wenn sie sich nicht sicher sind, was sie machen wollen; manche erwägen einen Jura-Abschluss, obwohl sie sich nicht sicher sind, ob sie tatsächlich im Rechtswesen arbeiten wollen.
  • 3. Alternative Optionen — kannst du deinen Kurs flexibel wechseln, sowohl innerhalb als auch außerhalb der akademischen Welt? Wenn du dir bezüglich einer akademischen Laufbahn unsicher bist, solltest du bei Optionen, die vor allem auf die pure Wissenschaft ausgerichtet sind, vorsichtig sein  (z.B. Promotion in Philosophie oder Literatur). Wenn du in Mathematik promovierst, kannst du in die Wirtschaftswissenschaften, Physik, Biologie, Informatik usw. wechseln, aber das gilt nicht umgekehrt. Außerdem sind die Chancen auf eine akademische Anstellung in manchen Studiengängen besser als in anderen (z.B. bekommen mehr als 90 % der Absolvent:innen in den Wirtschaftswissenschaften nach der Promotion eine Forschungsstelle, in der Biologie aber nur etwa 50 %).
Welche Studienfächer sind nach diesen Kriterien am besten geeignet?

Wie oben erwähnt finden wir zwei besonders interessant.

Einige andere nützliche Fächer, die wir basierend auf unserer Liste der drängenden Probleme besonders hervorheben möchten, sind:

  • 1. Andere angewandte quantitative Fächer, wie Informatik, Physik oder Statistik
  • 2. Sicherheitsforschung, internationale Beziehungen, Public Policy oder Jura, insbesondere für den Einstieg in die Regierung und die Politikkarriere
  • 3. Teilbereiche der Biologie, die für Pandemievorsorge relevant sind (wie synthetische Biologie, mathematische Biologie, Virologie, Immunologie, Pharmakologie oder Vakzinologie)
  • 4. Studienrichtungen, die sich mit China (oder einer anderen aufstrebenden Weltmacht wie Indien oder Russland) beschäftigen

Natürlich sollten viele Menschen auch Dinge studieren, die nicht auf dieser Liste stehen. Wir würden uns zum Beispiel wünschen, dass mehr unserer Leser:innen Geschichte studieren, und viele aus dem Team von 80,000 Hours haben einen Hintergrund in Philosophie. Diese Fächer sind jedoch umkämpfter und haben schlechtere Ausweichoptionen, und erfordern daher ein höheres Maß an persönlicher Eignung.

Je nach deiner Situation können auch andere Optionen sinnvoll sein (z.B. ein MBA-Studium, wenn du an der Arbeit in Großunternehmen interessiert bist).

Welche Fächer am besten geeignet sind, hängt auch von deinen längerfristigen Karrierezielen ab. In unseren Karriereberichten und Problemprofilen gehen wir darauf ein, welche Abschlüsse für bestimmte längerfristige Entwicklungspfade am sinnvollsten sind.

Welche Programme sind die besten innerhalb eines Fachs?

Es gibt riesige Unterschiede zwischen einzelnen Hochschulen und spezifischen Programmen innerhalb eines Fachs. Überlege dir:

  • 1. Bekommst du ein gutes Mentoring? Gute Forschung ist ein Handwerk, das vor allem durch praktische Übung weitergegeben wird. Gutes Mentoring ist deswegen sehr wichtig; es hilft dir enorm bei der Motivation und deinen zukünftigen Chancen in der Wissenschaft. Oft ist die Person, mit der du zusammenarbeitest, und euer Verhältnis zueinander von entscheidender Bedeutung.
  • 2. Bietet dir die jeweilige Hochschule ein Umfeld, in dem du dich entfalten kannst? Zum Beispiel in Bezug auf den Standort und die Mentalität?
  • 3. Wie ist der Ruf des Lehrstuhls und der Universität? Der Ruf deiner Betreuer:in wird sich auf deine zukünftigen Chancen im akademischen Bereich auswirken. Eine bekannte Universität ist auch für deine Chancen außerhalb der Wissenschaft (z.B. als Kommunikator oder in der Politik) von Vorteil.
  • 4. Wirst du eine Finanzierung erhalten?

Es kann durchaus sinnvoll sein, ein an sich weniger aussichtsreiches Fach zu wählen, wenn du ein bestimmtes Angebot findest, das diese Kriterien gut erfüllt.

Solltest du überhaupt ein Aufbaustudium absolvieren?

Diese Entscheidung sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Gerade Promotionsstudiengänge sind oft demotivierend; die Studierenden kämpfen oft mit ihrer psychischen Gesundheit oder brechen das Studium ab. Masterstudiengänge können viel Geld kosten, besonders im Ausland. Beide nehmen viel Zeit in Anspruch.

Auch diese Frage können wir deswegen nicht pauschal beantworten — es kommt auf deine alternativen Optionen an.

Wenn dir ein Aufbaustudium generell vielversprechend erscheint, kannst du es auf deine Liste mit Ideen für die nächsten Schritte setzen. Im weiteren Verlauf des Ratgebers werden wir dann darauf zurückkommen und sie weiter eingrenzen. (Wenn du jetzt schon darüber nachdenken willst, kannst du mit unserer Entscheidungshilfe zur Karrierewahl das Aufbaustudium mit deinen besten anderen Optionen vergleichen).

Lies auch unseren Artikel darüber, warum du dich jetzt schon für ein Promotionsstudium bewerben solltest.

Dillan

Beispiel: Dillon konnte sich nicht vorstellen, etwas anderes als Philosophie zu studieren. Dann erfuhr er von Forschungsergebnissen, die zeigen, dass sich unsere Interessen leicht ändern können. Das überzeugte ihn und er beschloss, Wirtschaftswissenschaft und Informatik als Nebenfächer auszuprobieren,

weil er sich davon mehr Optionen versprach als von Philosophie. Diese Fächer gefielen ihm besser, als er erwartet hätte, und er promoviert jetzt in Wirtschaftswissenschaft. „Wenn du die Welt zu einem besseren Ort machen willst, bietet 80,000 Hours unschätzbare Ratschläge.“

Die Geschichte von Dillon lesen

3. Baue eine politische Karriere von ganz unten auf

Tom Kalil hat 16 Jahre lang für die Regierungen von Bill Clinton und Barack Obama gearbeitet. Er förderte unter anderem die Entwicklung des Internets, der Nanotechnologien und der modernen Gehirnmodellierung. 

Aber sein erstes Engagement war als Freiwilliger beim Präsidentschaftswahlkampf von Michael Dukakis im Jahr 1988. Dukakis verlor, aber einige der Leute, für die Kalil damals arbeitete, waren auch 1992 für Bill Clinton im Einsatz — und Clinton gewann.

 

In unserem Interview-Podcast erzählt Tom Kalil, wie es dazu kam, dass er unter zwei verschiedenen Präsidenten im Weißen Haus arbeitete und wie es ihm in dieser Zeit gelang, die Politik zu beeinflussen.

Wie wir im letzten Kapitel gesehen haben, können Karrieren in Verwaltung und Politik eine sehr große Wirkung haben. Außerdem gibt es in diesem Bereich eine große Bandbreite an Aufgaben, für die man oft ähnliche Einstiegswege hat. Das bedeutet, dass diese Einstiegswege dir viele wirkungsvolle Optionen eröffnen und dir gleichzeitig eine allgemeine Ausbildung für den Beruf, Kenntnisse und Verbindungen in der Welt der Politik sowie Referenzen verschaffen können.

Die Optionen unterscheiden sich leicht je nach Land. In USA, einem besonders einflussreichen Land, sind einige der interessantesten Optionen diese hier:

  • Fellowships und Führungsprogramme in der Exekutive 
  • Arbeit für Politiker:innen
  • Mitarbeit bei einer politischen Kampagne 
  • Forschungstätigkeit in Think Tanks 
  • Einstiegspositionen in der Exekutive 

Und auch in anderen Ländern gibt es oft ähnliche Möglichkeiten.

Ob dies gute Optionen für den Aufbau von Karrierekapital sind, hängt von der jeweiligen Stelle und den Menschen ab, mit denen du zusammenarbeiten wirst: Wie ist ihr Ruf in der Branche? Haben sie einen guten Charakter? Wirkt ihre politische Agenda positiv? Passt die Kultur gut zu dir? Bekommst du ein gutes Mentoring?

Einige Leute, die wir kennen, sind in vielversprechende politische Positionen gekommen, hatten aber später das Gefühl, dass die Kultur nicht zu ihnen passt. Es besteht auch die Gefahr, dass du Schaden anrichtest, wenn du etwas falsch machst. Deshalb ist es besonders wichtig, dass du dir über die Besonderheiten der Stelle und deine Eignung Gedanken machst. 

Mehr über deinen Einstieg in die Politik erfährst du in unserem Artikel über den Aufbau politischer Kompetenzen.

4. Alles, was dir hilft, konkrete Fähigkeiten zu entwickeln

Jeder nächste Schritt, bei dem du eine nachweisbare, nützliche und übertragbare Fähigkeit erwirbst, kann sinnvoll sein.

Das kann zum Beispiel bedeuten:

  • Ein Bootcamp zu besuchen, um Programmieren zu lernen
  • Dich einem tollen Marketingteam anschließen, um digitales Marketing zu lernen
  • Nach China zu gehen und Chinesisch lernen
  • Als wissenschaftlicher Assistent von jemandem zu arbeiten, der sehr gut kommuniziert oder forscht

Mehr dazu findest du in unserer Liste mit nützlichen Fähigkeiten — dort erfährst du auch, wie du sie erlernen kannst.

Hier sind einige unsortierte Möglichkeiten:

Softwareentwicklung: Wir kennen viele Leute, die ohne technische Vorkenntnisse angefangen und innerhalb von sechs Monaten einen gut bezahlten Programmierjob bekommen haben, der ihnen viel mehr Spaß macht als ihr alter Job. Programmieren ist außerdem eine gefragte Fähigkeit, die in vielen Bereichen eingesetzt werden kann, auch bei einigen unserer drängendsten Probleme.

Auch wenn du keinen Hintergrund in einem quantitativen Fach und wenig Erfahrung in der Softwaretechnik hast, ist es oft möglich, im Selbststudium oder in Programmier-Bootcamps schnell zu lernen, so dass du innerhalb von einem halben bis einem Jahr einen Job bekommst.

Mehr darüber, wie du dir diese Fähigkeiten aneignen kannst, erfährst du in unserem Karrierebericht über Softwaretechnik.

Maschinelles Lernen und angewandte KI: Maschinelles Lernen (ML) wird in den nächsten Jahrzehnten wahrscheinlich immer mehr an Bedeutung gewinnen, da KI immer häufiger eingesetzt wird. Du bereitest dich also nicht nur darauf vor, Risiken durch KI zu verringern, sondern kannst ML auch auf viele andere drängende Probleme anwenden und wahrscheinlich mehr als 100.000 Dollar im Jahr verdienen.

Wenn du gerade studierst, kannst du vielleicht einen ML-Kurs belegen, auch wenn du nicht Informatik als Hauptfach hast.

Wenn du im Selbststudium lernen willst, findest du hier ein paar Anhaltspunkte:

Weitere Informationen über die Nutzung von maschinellem Lernen zur Verringerung von KI-Risiken findest du in unserer Übersicht über technische Karrieren im Bereich der KI-Sicherheit.

Management: Management ist eine Fähigkeit, die im Laufe deiner Karriere in einer Vielzahl von Positionen immer mehr gefordert wird — sei es das Management von Menschen, langen und komplexen Projekten oder beides.

Es gibt viele Möglichkeiten, als Führungskraft besser zu werden. Das Wichtigste ist, dass du mit dem Managen in kleinem Rahmen anfängst. Idealerweise arbeitest du unter einer guten Führungskraft oder bekommst Coaching von Menschen mit guten Führungsfähigkeiten; mit ihnen kannst du dann regelmäßig besprechen, was funktioniert und was nicht. Achte darauf, auch Feedback von den Menschen einzuholen, die du führst.

Es gibt auch eine Menge handfester Gewohnheiten und Prozesse, die dich zu einer besseren Führungskraft machen und die du während deiner Arbeit einüben kannst. Mehr darüber erfährst du zum Beispiel aus folgenden Ressourcen:

  • The Great CEO Within fasst viele der besten Ratschläge zu allen Aspekten der Führung eines Start-ups zusammen, darunter auch viele grundlegende Aspekte des Managements. Wenn du nur eines lesen willst, dann dieses Buch.
  • Der Basics-Podcast von Manager Tools, der auch als Buch erschienen ist, ist ebenfalls eine gute Einführung. Er ist eher auf die Gegebenheiten in Großunternehmen ausgerichtet.
  • Managing to Change the World konzentriert sich auf das Management in gemeinnützigen Organisationen.
  • Gutes Management basiert zum Teil auf Coaching. Eine gute Einführung in dieses Thema ist Coaching for Performance von John Whitmore.
  • Es gibt viele nützliche Managementverfahren, darunter Die 4 Disziplinen der Umsetzung von Sean Covey und anderen und Running Lean von Ash Maurya.
  • Eher akademische, evidenzbasierte Ratschläge findest du im Handbook of Principles of Organizational Behavior des führenden Managementforschers Edwin Locke. Auch von Google gibt es interessante Untersuchungen über erfolgreiche Teams.
  • Informationssicherheit: Bei der Informationssicherheit geht es darum, Organisationen vor Cyberangriffen zu schützen, die ihre Mission, ihre Daten oder ihr Eigentum gefährden könnten.

Manche Organisationen brauchen Hilfe beim Schutz von Informationen, die sehr gefährlich sein könnten, wenn sie weiterverbreitet werden, wie etwa schädliche Gensequenzen oder leistungsstarke KI-Technologie. Angriffe in solchen Bereichen könnten katastrophale Folgen haben — das macht die Informationssicherheit zu einer großartigen Option für Menschen, die eine Karriere mit großer Wirkung anstreben. Und da es sich um eine gefragte Qualifikation mit hohen Gehältern handelt, bietet sie großartige Absicherungsmöglichkeiten.

Mehr erfährst du in unserem ausführlichen Bericht über diesen Berufsweg.

Data Science und angewandte Statistik: Data Science (Datenwissenschaft) ist eine Kreuzung aus Statistik und Programmierung.

Die Bootcamps  ähneln denen fürwie das Programmieren, obwohl sie sich vor allem an promovierte Naturwissenschaftler:innen richten. Wenn du gerade im naturwissenschaftlichen bzw. mathematischen Bereich promoviert hast und nicht in der Wissenschaft bleiben willst, ist das eine gute Option, aber wir raten dazu, dir zuerst das Programmieren anzuschauen. Du kannst auch Datenanalyse, Statistik und Modellierung lernen, indem du das richtige Graduiertenprogramm absolvierst (siehe oben).

Mehr über diesen Berufsweg erfährst du in unserem ausführlichen Bericht über Data Science.

Marketing: Toilettenpapier vermarkten? Das soll man lernen, wenn man sozial engagiert ist? Ja, denn fast alle Organisationen brauchen Marketing, und die Nachfrage nach entsprechenden Fähigkeiten steigt. Du kannst sie erlernen und dann zu einer gemeinnützigen Organisation wechseln. Wenn das nicht klappt, hast du eine Menge Alternativen und kannst stattdessen viel verdienen und spenden.

Du kannst dir Marketingkenntnisse aneignen, indem du eine Einstiegsposition in einer Top-Firma annimmst oder gutes Mentoring in einem Unternehmen erhältst.

Wir empfehlen dir, dich auf einen Marketingstil zu konzentrieren, der eher daten- und technologieorientiert ist, statt auf traditionelle kreative Werbung. Lies mehr darüber in unserem Karrierebericht zum Thema Marketing.

Vertrieb und Verhandlungen: Ähnlich wie im Marketing und im Management können auch Vertriebsfähigkeiten von großem Nutzen sein, ganz gleich, welchen Beruf du ausübst (und ob er „Vertrieb“ im Titel hat oder nicht).

Wenn du Leute einstellen, für eine wichtige Sache werben, ein Büro mieten, einen Job bekommen oder fast jede andere Tätigkeit ausüben willst, wirst du „verkaufen“ müssen.

Verkaufen kann sich kontraproduktiv anfühlen — als würdest du versuchen, Menschen etwas aufzuzwingen, was nicht in ihrem Interesse liegt. Aber die beste Art des Verkaufs ist kooperativ: Es geht darum, Wege zu finden, die Bedürfnisse beider Parteien zu erfüllen.

Guter Vertrieb beruht zu einem großen Teil darauf, dass du wirklich versuchst, Menschen zu helfen und gute Beziehungen zu ihnen aufzubauen. In diesem Ratgeber geben wir dir später noch einige praktische Tipps, wie du Beziehungen aufbauen kannst.

Hier sind einige der besten Ressourcen, die wir für die Entwicklung dieser Fähigkeiten gefunden haben:

  • Spin Selling von Neil Rackham. Der Titel klingt furchtbar, aber es ist tatsächlich das am stärksten evidenzbasierte Buch, das wir gefunden haben. Rackham untersuchte Top-Vertriebler:innen, um herauszufinden, welche Techniken sie anwenden, schulte Menschen in diesen Techniken und führte randomisierte kontrollierte Studien zu den Ergebnissen durch. Beachte jedoch, dass diese Ratschläge schon ziemlich alt und weithin bekannt sind.
  • Influence von Robert Cialdini fasst die psychologische Forschung zu Überzeugungsarbeit zusammen.
  • Mehr Wert von Daniel Pink befasst sich ebenfalls damit, was die Forschung über das Verkaufen aussagen kann.
  • Schwierige Verhandlungen von William Ury ist eines der klassischen Bücher über Verhandlungstechniken. Die Techniken wurden nicht systematisch untersucht, aber wir kennen generell noch keine evidenzbasierten Verhandlungstipps.
  • Fachwissen zu China oder einem anderen wichtigen Schwellenland: China hat sich schnell zu einer Weltmacht entwickelt und ist zunehmend ein wichtiger Akteur bei vielen unserer drängendsten globalen Probleme sowie der Wirtschaft im Allgemeinen. Allerdings wissen nur sehr wenige Menschen außerhalb Chinas viel über das Land. Aus diesem Grund kann die Spezialisierung auf China zu einer sehr wirkungsvollen Karriere führen, vor allem wenn man sich auf globale Katastrophenrisiken konzentriert.

China-Kenntnisse können auch andere Positionen in Wirtschaft und Politik eröffnen; Allerdings könnten die jüngsten Spannungen zwischen den USA bzw. der EU und China auch bedeuten, dass ein längerer Aufenthalt in China dich von bestimmten Regierungspositionen in anderen Ländern ausschließen könnte.Ähnlich verhält es sich mit Indien und in geringerem Maße mit Russland, der arabischen Welt und Brasilien. Erfahre mehr darüber, wie du dich auf aufstrebende Weltmächte spezialisieren kannst.

5. Mach etwas, bei dem du besonders gut sein kannst (auch wenn es etwas willkürlich ist)

Wir begegneten einmal jemandem, der gute Chancen hatte, Zauberer zu werden und vielleicht eine Fernsehshow in Indien zu bekommen, und der sich entscheiden musste, ob er das machen will — oder ob er Unternehmensberater wird. Wir fanden die Zauberei spannender, da die Fähigkeiten und Kontakte in den Medien für die Arbeit an den drängendsten globalen Problemen ungewöhnlicher und wertvoller sein würden als die von einem weiteren Berater unter vielen.

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum zu denken, dass Karrierekapital nur dann aufgebaut werden kann, wenn du etwas tust, das dir formale Qualifikationen verleiht (wie ein Jurastudium) oder prestigeträchtig ist (wie Unternehmensberatung).

Oft konzentrieren wir uns auf die „harten“ Aspekte des Karrierekapitals, wie zum Beispiel einen bekannten Arbeitgeber, weil sie konkret sind. Aber die „weichen“ Aspekte des Karrierekapitals — deine Fähigkeiten, Leistungen, Beziehungen und dein Ruf — sind mindestens genauso wichtig. Das beste Karrierekapital entsteht durch beeindruckende Leistungen.

Diese „weichen“ Aspekte des Karrierekapitals kannst du in fast jedem Job aufbauen, wenn du gute Leistungen bringst. Wenn du gute Arbeit leistest, steigt dein Ansehen und du kannst Kontakte zu anderen leistungsstarken Menschen knüpfen. Und wenn du dich anstrengst und deine Leistung bringst, wirst du wahrscheinlich auch mehr lernen.

Deshalb kann es manchmal der beste Weg für Karrierekapital sein, etwas Unkonventionelles zu tun, wie zum Beispiel eine neue Organisation zu gründen. Wenn du Erfolg hast, wird das beeindruckend sein. Aber auch wenn es nicht klappt, wirst du eine Menge lernen und interessante Menschen treffen.

Alles, was dir ein konkretes, sichtbares Projekt verschafft, das beeindruckend erscheint, kann ebenfalls hilfreich sein — etwa das Schreiben eines erfolgreichen Blogs oder ein Projekt, das von den Medien aufgegriffen wird.

Wenn du viel bewirken willst, kann es sich sogar lohnen, etwas zu tun, das dir etwas willkürlich erscheint, sofern du darin richtig gut sein kannst (mehr zu diesem Thema erfährst du in unserem Podcast-Interview mit Holden Karnofsky).

In diesem Ratgeber haben wir bereits erklärt, wie man durch die Vermittlung von Ideen, den Aufbau einer Community oder durch Spenden viel bewirken kann. Das bedeutet, dass du mit herausragenden Leistungen in fast jedem Bereich viel bewirken kannst, da du dadurch Beziehungen, Einfluss, Geld und Glaubwürdigkeit erhältst, die du für die Lösung drängender Probleme einsetzen kannst.

Wenn du also Karrierekapital aufbauen willst, lohnt es sich, jeden Bereich in Betracht zu ziehen, der gut zu dir passt, auch wenn er auf den ersten Blick keine besonders sinnvolle Option zu sein scheint.Bodybuilding hilft normalerweise nicht unbedingt dabei, deine Karriere voranzutreiben; aber bei Arnold hat es ganz gut funktioniert.

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Aus seiner erfolgreichen Karriere als Bodybuilder machte Arnold Schwarzenegger eine erfolgreiche Karriere als Filmstar, die er wiederum in eine erfolgreiche Karriere als Politiker verwandelte.

6. Tu, was nützt

Als Benjamin 80,000 Hours gründete, hatte er das Konzept des Karrierekapitals noch nicht durchstiegen. Sonst wäre er vielleicht zu dem Schluss gekommen, dass ein Job im Finanzwesen besser für sein Karrierekapital geeignet wäre als die Gründung einer gemeinnützigen Organisation. Aber vermutlich wäre das ein Fehler gewesen. Die Arbeit bei 80,000 Hours hat ihm ein besseres Karrierekapital verschafft, denn so hat er  mehr gelernt, mehr erreicht und tolle Menschen kennengelernt.

Learning by doing ist oft die effektivste Art zu lernen. Die meisten Menschen sehen zu Beginn ihrer Karriere noch nicht, wie sie viel bewirken können; aber wenn du bereits einen klaren Weg vor Augen hast, ist es vielleicht die beste Option für dein Karrierekapital, genau das zu tun.

Du könntest dich beispielsweise einem Start-up-Projekt mit sozialer Wirkung anschließen, von dem du glaubst, dass es in den nächsten 5-10 Jahren erfolgreich sein wird, oder du könntest direkt in einen der Berufe einsteigen, von denen du glaubst, dass sie am meisten bewirken. Wenn du Erfolg hast, wird das beeindruckend sein und deinem Karrierekapital zugutekommen. Und wenn du jemand bist, dem es wichtig ist, Gutes zu bewirken, wirst du es wahrscheinlich motivierender finden, an etwas Sinnvollem zu arbeiten — und das erhöht wiederum die Wahrscheinlichkeit, dass du erfolgreich sein wirst.

Wenn du drängende globale Probleme angehen willst, dann musst du auch irgendwann etwas über diese Probleme lernen und andere treffen, die auch an ihnen arbeiten wollen. Das ist in der Regel leichter, wenn du bereits in den entsprechenden Bereichen arbeitest, als (zum Beispiel) in einem x-beliebigen Konzernjob. 

Und natürlich kannst du auch direkt einen positiven Beitrag leisten! Auch wenn das Karrierekapital zu Beginn deiner Karriere wahrscheinlich oberste Priorität haben sollte, ist jegliche positive Wirkung, die du am Anfang deiner Karriere erzielen kannst, trotzdem wichtig. All diese Vorteile können mögliche Schwächen dieser Karriere ausgleichen (zum Beispiel wirst du oft weniger geschult).

Solltest du den Sprung ins kalte Wasser wagen und versuchen, schon früh in deiner Karriere etwas zu bewirken? Es ist eine schwierige Entscheidung. Sie hängt von den Erfolgschancen des Projekts ab, davon, mit wem du zusammenarbeiten wirst, welche Art von Training dich erwartet, und so weiter. Aber wenn du eine Möglichkeit siehst, sofort einen wichtigen Beitrag zu einem der drängendsten globalen Probleme zu leisten, ist es auf jeden Fall eine Überlegung wert — und sei es nur, um nützliche Fähigkeiten, Referenzen und Kontakte zu sammeln.

In unserem Kapitel über Jobzufriedenheit haben wir gesehen, dass es eine gute Strategie ist, eine sinnstiftende Arbeit zu machen — sowohl um anderen zu helfen als auch um persönlich zufrieden zu sein. Und auch für das Karrierekapital kann es manchmal die beste Strategie sein, wenn du versuchst, das zu tun, was für die Welt am wichtigsten ist.

Übertragbares und fachliches Karrierekapital

Möglicherweise musst du zwei Arten von Karrierekapital gegeneinander abwägen:

  • Übertragbares Karrierekapital ist in vielen verschiedenen Bereichen relevant; dazu gehören zum Beispiel soziale Kompetenzen, Produktivitäts- und Managementfähigkeiten (die fast jedes Unternehmen braucht) oder Leistungen, die allgemein als beeindruckend angesehen werden.
  • Fachliches Karrierekapital bereitet dich auf eine begrenzte Anzahl von Tätigkeiten vor, wie zum Beispiel Kenntnisse über Malaria oder Informationssicherheit.

Auf was davon solltest du dich konzentrieren?

Generell solltest du dich zu Beginn deiner Karriere mehr auf übertragbares Karrierekapital konzentrieren. Am Anfang deiner Karriere bist du dir noch nicht so sicher, was am besten zu dir passt, daher ist es sinnvoller, flexibel zu bleiben. Und ganz allgemein gilt: Je unsicherer du bist, welche Aufgaben du längerfristig übernehmen willst, desto mehr solltest du dich auf übertragbares Karrierekapital konzentrieren.

Aber deine persönliche Situation ist nur selten „generell“. Fachliches Karrierekapital gibt dir zwar weniger Möglichkeiten, aber es ist oft notwendig, um die wirkungsvollsten Jobs zu bekommen; es lohnt sich also wahrscheinlich trotzdem, sich früher oder später darauf zu konzentrieren.

Solltest du warten, um mehr zu bewirken?

Wenn du schon heute im Bereich der KI-Sicherheit arbeiten könntest, solltest du dann trotzdem noch promovieren, um dir möglicherweise noch wirkungsvollere Forschungspositionen zu eröffnen?

Wenn du promovierst, verzichtest du nicht nur auf die Wirkung, die du schon jetzt erzielen könntest, sondern verschiebst deine Wirkung auch generell weiter nach hinten. Die meisten Forschenden zu diesem Thema sind sich einig, dass es generell besser ist, schon früh Ressourcen in die Lösung der drängendsten globalen Probleme zu stecken — wenn zum Beispiel erst einmal revolutionäre KI-Systeme entwickelt worden sind, könnte es für deine Arbeit zu spät sein!

Außerdem besteht die Gefahr, dass du in der Zwischenzeit die Bemühungen aufgibst, etwas zu bewirken, und informelle Umfragen deuten darauf hin, dass das jährliche Risiko dafür ziemlich hoch sein könnte.

Das bedeutet, dass das zusätzliche Karrierekapital durch die Promotion wesentlich höher sein muss als das Karrierekapital, das du direkt durch die Arbeit an KI-Sicherheit erlangen würdest, etwa als Softwareentwickler:in in einem Sicherheitsteam. Sonst lohnt sich der Aufwand nicht.

Oft ist er das aber auch wert. Es ist nicht ausgeschlossen, dass du in der Forschung doppelt so viel bewirken kannst wie in der Softwareentwicklung. Und wie wir oben gesehen haben, ist es plausibel, dass manche Menschen im Laufe ihrer Karriere zehnmal produktiver werden, wenn sie besonders viel Karrierekapital aufbauen.

Wir haben erlebt, dass Menschen zu Beginn ihrer Karriere Projekte übernommen haben, für die sie nicht gerüstet waren — wie beispielsweise die Gründung einer neuen gemeinnützigen Organisation —, obwohl es besser gewesen wäre, wenn sie in einem angesehenen Unternehmen ein gutes Mentoring erhalten hätten.

Während der Aufbau von Karrierekapital für die meisten Menschen zu Beginn ihrer Karriere eine hohe Priorität haben sollte, wird es mit fortschreitender Karriere immer schwieriger, das richtige Gleichgewicht zwischen Wirkung und Karrierekapital zu finden.

Letztendlich hängt dieses Gleichgewicht oft von der Qualität der Möglichkeiten ab, die sich dir bieten, sowie von deiner Einschätzung der Dringlichkeit globaler Probleme und von deinem Alter (je früher du Karrierekapital erwirbst, desto länger hast du Zeit, es zu nutzen).

Wenn du mehr über dieses Thema erfahren möchtest, empfehlen wir dir:

Fazit

Vielleicht bist du dir nicht sicher, wie du dich heute am besten einbringen kannst, und glaubst, dass du nur wenige wertvolle Fähigkeiten hast. Doch das ist nicht schlimm.

Big Boss
Wenn du in der Welt viel bewegen willst, musst du etwas Wertvolles beitragen. Baue deine Fähigkeiten aus, bevor du es mit dem großen Boss aufnimmst.

Obwohl wir alle Geschichten über Menschen mögen, die scheinbar sofortigen Ruhm und frühen Erfolg erlangt haben, wie die der Forbes 30 Under 30, sind sie nicht die Norm. Abgesehen von denen, die einfach nur Glück hatten, stecken hinter den meisten großen Erfolgen viele Jahre aufwändige Arbeit.

Wir haben gesehen, wie Menschen ihre Karriere verändert haben, indem sie zum Beispiel programmieren lernten, unter der Führung guter Mentor:innen arbeiteten und das richtige Aufbaustudium absolvierten.

Übertrage das auf deine eigene Karriere

  1. Welche wichtigen Fähigkeiten kannst du längerfristig am besten aufbauen?
  2. Welche nächsten Schritte könnten dich auf dem Weg zu deinen langfristigen Zielen am meisten voranbringen?
  3. Gehe die folgenden sechs Schritte durch, mit denen du dein Karrierekapital steigern kannst, und notiere dir drei, die für dich in Frage kommen.
  • Hast du die Möglichkeit, in einem leistungsorientierten, wachsenden Unternehmen zu arbeiten?
  • Gibt es sinnvolle Optionen für ein Aufbaustudium?
  • Gibt es Möglichkeiten in der Politik, die für dich in Frage kommen?
  • Kannst du etwas tun, bei dem du eine nützliche, übertragbare Fähigkeit erlernen kannst?
  • Gibt es eine Möglichkeit, bei der du etwas Beeindruckendes erreichen kannst?
  • Könntest du sofort einen wichtigen Beitrag leisten?
  1. Was ist das wertvollste Karrierekapital, das du bereits besitzt? Das kann dir Aufschluss darüber geben, was du am besten kannst, und dir auch dabei helfen, potenzielle Arbeitgeber:innen von dir zu überzeugen. Gehe jede der folgenden Kategorien durch:
  • Fertigkeiten und Wissen
  • Kontakte
  • Referenzen
  • Charakter
  • Rücklagen

Wenn du nicht weiterkommst, zähle zwei bis fünf Erfolge auf, auf die du besonders stolz bist, und überlege dir, was sie gemeinsam haben.

Wir haben uns nun damit beschäftigt, welche Optionen du langfristig anstreben solltest und wie du darauf hinarbeiten kannst. Im nächsten Kapitel erklären wir dir, wie du die Auswahl eingrenzen kannst.

  1. Eine große Studie in den USA ergab:

    Das durchschnittliche Lebenszyklusprofil wird aus Paneldaten oder wiederholten Querschnittserhebungen ermittelt, indem man das individuelle logarithmierte Einkommen auf einen vollständigen Satz von Dummies nach Alter und Geburtsjahrgang regressiert. Die geschätzten Altersdummies sind in Abbildung 3 als Kreise dargestellt und repräsentieren das durchschnittliche Lebenszyklusprofil des logarithmierten Einkommens. Es weist das übliche buckelförmige Muster auf, das um das Alter 50 seinen Höhepunkt erreicht.

    Einer der wichtigsten Aspekte eines Lebenszyklusprofils ist der Anstieg des Durchschnittsverdienstes im Laufe des Lebenszyklus (z.B. zwischen 25 und 55 Jahren). Es ist hinlänglich bekannt, dass die Höhe dieses Anstiegs für viele wirtschaftliche Fragen von großer Bedeutung ist, da er die Motivationen für das Sparen und die Aufnahme von Krediten stark beeinflusst. In unseren Daten beträgt dieser Anstieg etwa 80 Logarithmuspunkte, also etwa 127 %.

    What Do Data on Millions of U.S. Workers Reveal about Life-Cycle Earnings Risk? Fatih Guvenen, Fatih Karahan, Serdar Ozkan, Jae Song; Staff Report No. 710 February 2015

    Wir gehen davon aus, dass die Zahlen in anderen Ländern ähnlich ausfallen. Der Spitzenwert könnte auch 10 Jahre früher eintreten, aber das ändert nichts an der grundlegenden Schlussfolgerung.
  2. Einige Fachgebiete zeichnen sich durch relativ frühe Spitzenwerte aus, die in der Regel in den frühen Dreißigern oder sogar in den späten Zwanzigern erreicht werden, um danach steil abzufallen, so dass der Output weniger als ein Viertel des Maximums beträgt. Dieses altersbedingte Muster gilt zum Beispiel für lyrische Werke, reine Mathematik und theoretische Physik (Adams, 1946; Dennis, 1966; Lehman, 1953a; Moulin, 1955; Roe, 1972b; Simonton, 1975a; Van Heeringen & Dijkwel, 1987). Dies sind allerdings die Ausreißer. Im Gegensatz dazu können die typischen Trends in anderen Bereichen einen gemächlichen Anstieg bis zu einem vergleichsweise späten Höhepunkt in den späten Vierzigern oder sogar Fünfzigern aufweisen, mit einem minimalen Rückgang, wenn nicht sogar einer weitgehend gleichbleibenden Leistung danach. Diese längere Kurve gilt zum Beispiel für das Schreiben von Romanen, sowie Gebiete wie Geschichte, Philosophie, Medizin und akademische Leistungen im Allgemeinen (Adams, 1946; Richard A. Davis, 1987; Dennis, 1966; Lehman, 1953a; Simonton, 1975a). Natürlich weisen viele Fachgebiete Alterskurven auf, die zwischen diesen beiden Extremen liegen, mit einem Leistungsmaximum um das chronologische Alter von 40 Jahren herum und einem spürbaren, aber moderaten Rückgang danach (siehe z. B. Fulton & Trow, 1974; Hermann, 1988; McDowell, 1982; Zhao & Jiang, 1986).

    Aus: Simonton, Dean K. Age and outstanding achievement: What do we know after a century of research? Psychological Bulletin 104.2 (1988): 251.

    Das Durchschnittsalter von CEOs und Vorsitzenden stammt von Shane Snow, These are the ages when we do our best work, Fast Company, 2016.

    Die Zahl für die Chemie ergibt sich aus dem Durchschnittsalter der Nobelpreisträger:innen in diesem Bereich, das bei 39 Jahren liegt, siehe Jones, Benjamin, E. J. Reedy, and Bruce A. Weinberg. Age and scientific genius. No. w19866. National Bureau of Economic Research, 2014.
  3. Zum Beispiel führten Forschende Ende des 20. Jahrhunderts Arbeiten, die später mit einem Nobelpreis ausgezeichnet wurden, im Durchschnitt sechs Jahre später durch als noch zu Beginn des Jahrhunderts (Jones, Benjamin, E. J. Reedy, and Bruce A. Weinberg. Age and scientific genius. No. w19866. National Bureau of Economic Research, 2014).
  4. Ericsson zeigt, dass für Spitzenleistungen in der Regel 10 bis 30 Jahre konzentrierter Praxis erforderlich sind. Es ist umstritten, ob das bereits ausreichend ist, um Expertise zu garantieren, aber dass es normalerweise notwendig ist, bestreitet niemand.
    Ericssons Forschung ist zusammengefasst in: Ericsson, K. Anders, et al., eds. The Cambridge handbook of expertise and expert performance. Cambridge University Press, 2006.
    Vom gleichen Autor gibt es auch eine exzellente populärwissenschaftliche Zusammenfassung Top.
    In einer lesenswerten Rezension weist Scott Barry Kaufman auf einige der Grenzen des bewussten Übens hin.
    Eine Meta-Analyse ergab auch, dass bewusstes Üben einen kleinen Teil der Leistung im Beruf und in der Bildung erklärt. Außerdem erklärt es eher die Leistung in vorhersehbaren Bereichen als in unvorhersehbaren.
  5. Die Details dieser Geschichte wurden auf Wunsch der Beteiligten geändert, um ihre Privatsphäre zu schützen.